Schweden

Fernwanderung in Schweden

Eigentlich hätte unsere Fernwanderung in Schweden anders beginnen sollen. Seraina und ich wollten uns direkt nach meinem zehntägigen Neigong-Retreat in der Nähe von Linköping treffen. Die deutsche Bahn machte uns da einen dicken Strich durch die Rechnung, sodass Seraina ihren Anschluss in Deutschland verpasste.

Mein Zuhause im zehntägigen Neigong Retreat
Hier nochmals vielen Dank nach Hamburg an Ola und Alejo, die Seraina für eine Nacht aufgenommen haben.
Am nächsten Tag fuhr Seraina weiter bis nach Malmö, direkt nach der dänisch-schwedischen Grenze. Und wieder war Schluss. Alle Züge zwischen Malmö und Stockholm waren für Tage ausgebucht. Welch ein Frust!
Indessen verbringe ich die Nacht alleine im schönen alten Hotel in Rimforsa, dem Liljeholmen Herrgård Hostel (affiliate Link).
Sicht vom Hotel in Rimforsa

Diesmal musste Seraina sich ein Hotelzimmer suchen. Ich verbrachte die erste Nacht in der Hängematte im Wald, ein paar hundert Kilometer nordöstlich von Malmö. Ursprünglich wollten wir hier in Rimforsa auf den europäischen Fernwanderweg E6 einsteigen. Dieser Plan ist schon mal kläglich gescheitert.

Nun gut, Plan B. Wir würden uns morgen in Kalmar treffen, das nicht ganz auf halben Weg zwischen Malmö und Rimforsa an der Ostsee liegt. Kalmar ist mit regionalen Zügen zu erreichen, die man nicht buchen kann. Zwei Tage verspätet hielten wir uns dann endlich in den Armen.

Fazit: Buche die deutsche Bahn mit Voraussicht, soll heissen, rechne genügend (min. eine halbe Stunde) Zeit zum Umsteigen ein.

Jetzt aber zu unserer Fernwanderung in Schweden. Auf Umwegen gelangen wir mit diversen Busen und einem Zugersatz-Taxi (auch in Schweden lässt die Zuverlässigkeit des ÖVs zu wünschen übrig) auf den Fernwanderweg E6. In diesem Teil Schwedens folgt er dem regionalen Wanderweg ÖSTGÖTALEDEN.
Wir steigen abends in einem kleinen Nest mit dem lustigen Namen Falerum aus und wandern ein paar Kilometer in den Wald hinein, wo wir unser Zelt aufschlagen. An diesem schönen 1. August liegen wir um 22.00 Uhr gemütlich in den Schlafsäcken, während das Tageslicht langsam aber sicher der Dunkelheit weicht. Endlich, die Fernwanderung in Schweden hat begonnen.
Erste Nacht auf unserer Fernwanderung in Schweden

Liebes Tagebuch…

2. August – Erster langer Wandertag

25 km, 8.5 h

Viel Wald. Viele, viele Bäume. Einmal einen kleinen Hirsch erspäht, sonst ist es ruhig. Wir kommen an einigen kleinen Seen mitten im Wald vorbei. Sonnenschein und angenehme Wandertemperaturen, was wollen wir mehr?
Es ist nicht immer einfach, den richtigen Weg zu finden. Die orangen Wegweiser zeigen oft in alle Richtungen und nur den digitalen Karten von maps.me und hiking.waymarkedtrails.org ist es zu verdanken, dass wir uns nicht ganz elend verlaufen.
Zu Mittag koche ich ein heisses Thai Curry mit Gemüse und Nüssen. Lecker!

Der Nachmittag wir anstrengend. Das Gewicht, auch wenn es nur etwa 13 kg sind, lastet auf Hüften und Schultern. Wir behalten unser Ziel vor Augen, kommen an Seen und Wälder und noch mehr Wälder und Seen vorbei und werden abends mit einer leerstehenden Schutzhütte und Feuerstelle direkt am Ufer überrascht. So stelle ich mir Schweden vor.

Schweden ist…
  • wunderbar einsam
  • nicht steil
  • so schön wie die Schweiz? Das sei mal dahingestellt.
Auf jeden Fall geniessen wir nun die Stille am Feuer und blicken auf den Yxningen, den, wie ich am nächsten Tag von einem deutschen Urlauber erfahre, zweitsaubersten See Schwedens hinaus. Trotzdem sind wir froh um unseren Wasserfilter, der uns das Abkochen des Seewassers erspart.
Ps. Den ganzen Tag keine einzige Wanderseele getroffen.

3. August

22 km, 7 h

Wir wandern vom einen zum nächsten Shelter. Entlang des etwa 30 Kilometer langen Yxningen. Ein See folgt dem anderen, dazwischen Teiche und Tümpel. Mal hoch, mal runter folgen wir dem Pfad durch den Wald. Moos, Flechten und Pilze. Und natürlich Heidel-, Preisel- und Himbeeren, die gibt es kostenlos dazu.
Der Tag vergeht im Nu. Abends huschen wir im Dorf Gusum in den ICA, die hiesige Supermarktkette. In den normalen Läden wird Bier zu günstigen Preisen verkauft (um die 1 Euro), die aber nur zwischen 0.0 und 3.5 Volumenprozent haben. Für stärkeres Gebräu müsste man in einen Systembolaget, die es aber nur in grösseren Ortschaften gibt. Als Info am Rande.
Die nächste Schutzhütte ist zwar nicht so sauber, aber genauso schön gelegen wie die letzte. Als es eindunkelt, bekommen wir Gesellschaft von zwei deutschen Radfahrern, die einige Wochen durch den Norden unterwegs sind.
Auch Mücken bekommen wir ein erstes Mal zu spüren. Aber nur während der Dämmerung. Wie mir erklärt wurde, sind die ersten Generationen der Mücken im Juni und Juli viel zahlreicher und lästiger. Jetzt im August sind sie meist kein Problem für uns.
Zwar ist die Landschaft auf der Fernwanderung in Schweden nicht so spannend und abwechslungsreich wie bsp. in Slowenien auf dem Alpe Adria oder Juliana Trail, dafür ist es schön flach hier und die Wanderwege fabelhaft ausgerüstet mit zahllosen Schutzhütten, Feuerstellen und Trockenklos.
Und das Jedermannsrecht erlaubt es uns, das Zelt irgendwo aufzubauen, während wir uns in Slowenien (und auch in der Schweiz) gut verstecken mussten.

4. August

11 km, 3 h

Wir gehen den Morgen ruhig an, geniessen den Ausblick und sind um 11.30 Uhr abmarschbereit.
Die Landschaft ist gar langweilig heute, nur Weiden und Wälder. Wir biegen vom E6 ab, um eine Schutzhütte am See zu erreichen.
Dort müssen wir erstmal unseren Wasservorrat auffrischen. Immer wieder kommt unser Wasserfilter zum Einsatz, den Seraina knapp vor ihrer Abreise gekauft hat. Ohne ihn wäre das Leben auf dieser Fernwanderung zweifelsohne schwerer.

Es gefällt uns an diesem abgeschiedenen See so gut, dass wir gar nicht weiter wollen. Stattdessen verbringen wir den Tag mit Baden, Wäsche waschen, einem Buch in der Hängematte. Und wenn wir nicht den ganzen Tag über wandern, kann ich daran arbeiten, was ich im Retreat gelernt habe.

Ein kurzes Gewitter streift uns am Nachmittag. In der Schutzhütte bleiben wir aber schön trocken. Jetzt wärmt die Abendsonne wieder. Einfach wunderbar!

5. August

23 km, 8 h

Viel Regen, alles nass.
Vor allem Asphalt gelaufen heute. Wir kommen nach Stegeborgs, wo wir die kostenlose Fähre auf die andere Seite des Fjords nehmen. Die Überfahrt dauert bloss 5 Minuten.
Zuvor gönnen wir uns aber ein Bier. Da es schon ein Restaurant hat! Ausserdem macht uns die Sonne Hoffnung, die sich nach einem trüben Tag doch noch zeigt.
Nur um uns dann wieder zu enttäuschen. Später im Zelt, regnet es schon wieder. Ich habe keine Lust, morgen aufzustehen.
Kleine Anekdote:
Zum Restaurant gehört ein kleiner Laden, in dem man Andenken und ein paar Lebensmittel kaufen kann. Die junge Verkäuferin schaut mich etwas verdutzt an, als ich ihr Bares hinstrecke, um zu bezahlen.
„Where are you from? Oh, Switzerland! Do you still use cash for payment?

In Schweden scheint der Spruch Nur Bares ist Wahres veraltet zu sein. Nur gut haben wir Revolut.

6. August

11 km 3.5 h

Wir wachen irgendwo im nassen Wald auf. Es hat abgekühlt, aber die Sonne scheint.
Wir ändern unseren Plan erneut und gehen nicht heute schon in die Ortschaft Östra Husby um einzukaufen.
Die letzte Nacht hat uns wieder bewusst gemacht, wie wichtig es ist, einen schönen Ort zum Übernachten zu haben.

Deswegen suchen wir uns auf Maps.me und https://www.naturkartan.se/de die nächste Schutzhütte heraus. So kommen wir auch wieder in den Schutzhütten-Rythmus. Das bedeutet, dass die nächste in einer Tagesetappe zu erreichen sein sollte (also nicht weiter als 25km entfernt).

Ausserdem steht fest: Wir wandern gerne, aber es muss ja nicht immer den ganzen Tag sein. Genau wie mit der Arbeit.
Das gibt uns mehr Freizeit, die wir mit Freude mit Kochen und Essen, in der Hängematte liegen und – für mich sehr wichtig – mit Praktizieren verbringen.
Die 4 Stunden pro Tag-Regel scheint mir eine gute Richtlinie zu sein:
4 Stunden pro Tag zu
  • praktizieren
  • wandern/arbeiten
  • kochen/essen/verdauen
Damit am Ende des Tages noch genug Zeit übrig ist, um NICHTS zu tun. Und das mit gutem Gewissen.

7. August

26 km, 8 h

Bei viel Sonne aufgestanden. Den Morgen auf zuviel Asphalt verbracht. Mehrere Kilometer mussten wir auf einer Schnellstrasse gehen, um nach Östra Husby zu gelangen, das zwar nicht auf dem E6 liegt, jedoch die einzige Einkaufmöglichkeit weit und breit bietet. Leider gibt es davon wirklich zu wenige auf dem Trail.
Nachdem uns der Verkehr auf der Schnellstrasse mit 80km/h um die Ohren flog, müssen wir unsere Nerven mit Pizza und Bier im vielleicht einzigen Restaurant von Östra Husby beruhigen.
Später setzen wir in Skenäs ein zweites Mal mit einer kostenlosen Fähre über den Fjord.
Müde Beine, nach dem Einkaufen schwere Rucksäcke.
Ab morgen soll die 4h-Regel gelten. Wir wollen einen Gang herunterschalten, alles ein wenig gemächlicher angehen. Vielleicht noch zehn, höchstens fünfzehn Kilometer pro Tag wandern.

Abends kommen wir im idyllischen Nävsjömossen-Reservat an. Uns erwartet ein wunderschöner Unterstand mit Feuerstelle mitten – wie könnte es auch anders sein – im schönen Wald am See.

Wir befinden uns in einer herrlichen Moorlandschaft, rundherum nichts als Wildlife (das sich bis auf ein paar Wildgänse nicht blicken lässt).
Dieser Ort lädt zum Verweilen ein. Aber es sieht nach einer kalten Nacht aus. Wir werden es bald erfahren.

8. August – Pause am See

Wanderung um den See 7.5 km, 3 h

In der Nähe unseres Unterstands sehen wir ein Ruderboot, dass man ausleihen darf. Wir nützen das gerne aus und paddeln ein wenig auf den See hinaus. Es ist jedoch etwas bewölkt heute Mittag und bald tröpfelt es uns auf die Köpfe.
Also kehren wir zurück und geniessen einen ruhigen Tag an der Feuerstelle.
Die Nacht war okay, nicht allzu kalt. Man muss halt zusammenkuscheln.
Gegen Abend wandern wir für einmal ohne Gepäck um den See. Wir sehen keine Elche, aber viele Menschen im nordöstlichen Teil des Sees: Fischer und Familien, die baden.
Da gefällt mir unser Teil des Sees viel besser. Einsam in der Natur.

9. August

8 km, 3 h

Die Hälfte unserer Fernwanderung in Schweden ist um. Heute wandern wir bloss 8 Kilometer hinunter zum Zeltplatz in Nävekvarn. Er liegt recht schön am Fjord. Es stehen vor allem Wohnmobile da, viele davon sind wohl Dauercamper.
Uns kümmert das wenig. Wir wollen endlich heiss duschen und die Kleider ordentlich waschen. Dann weiter planen. Uns bleibt noch eine Woche zu Fuss. Wie weit kommen wir da? Was wollen wir noch sehen?

10. August

14 km, 5 h

Wir starten spät. Um 8 Uhr stehe ich auf, Neigong am Meer. Wirklich ein schöner Fleck hier.
Wir frühstücken, packen, duschen nochmal und schon ist es Mittag.
Aber statt zu kochen, wandern wir die einladende Strecke dem Meer entlang über Stöcke und Steine.
Es kommen uns mehrere Wanderer entgegen, so kennen wir unseren Alltag in Schweden gar nicht.

Noch immer sind wir begeisterte Weltwach-Hörer. Diesmal lauschen wir im Podcast den Geschichten von André Schuhmacher, der vom Wandern auf den Kanaren erzählt und Lotta, die sich ein Esel kauft und mit ihm Richtung Meer wandert. Genial!

Währenddessen sinne ich über unsere nächste Winterreise nach. Wir sollten bald den Flug nach Kolumbien buchen. Oder doch an Bens Hochzeit nach Indien? Er schreibt gerade, sie sei Ende Februar, genau dann, als wir ihn in Kalifornien besuchen wollten. Tja…

11. August

20 km, 4 h

Wieder merken wir, dass Wasser das Wichtigste ist auf unserer Fernwanderung. Leider gibt es in unserer heutigen Schutzhütte nur Meerwasser. Aber unsere Reserven sind bereits wieder aufgebraucht, also müssen wir weiterziehen.
Wieder schauen wir online nach, wo sich der nächste Shelter an einem See befindet. Nach acht Kilometern morgentlicher Wanderung sehen wir, dass die Hütte schon besetzt ist. Und der See ist so unappetitlich grün, sodass wir kurzerhand beschliessen, heute schon nach Nyköping zu fahren.
Eine Stunde später stehen wir in einem kleinen Dorf an der Bushaltestelle. Der Busfahrer versteht fast kein englisch, er lässt uns gratis mitfahren.
Die Fahrt dauert bloss eine Viertelstunde. Wir müssen irgendwo in der Industrie aussteigen (der Busfahrer runzelt die Stirn), da wir beim Gashändler einen neuen Gaszylinder kaufen müssen.
Nyköping

Im Städtchen gönnen wir uns erstmals eine Flasche Wein, einen Zinfandel aus Italien. Wir stopfen unsere Rucksäcke mit Essen und Getränken voll und setzen uns mit einem kühlen Bier in den Park. Wohin könnten wir als nächstes?

Vollmond wollen wir an einem schönen Örtchen verbringen. Wichtig: Mit Trinkwasser! Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwierig sein würde, Trinkwasser auf einer Fernwanderung in Schweden zu finden.

Mit Busen fahren wir aus Nyköping hinaus zurück in die Natur. Irgendwo im Nirgendwo steigen wir aus und wandern dem Navi nach hinein in den Busch.
Und siehe da, nach zwei Kilometern finden wir ein wunderschönes, fast verlassenes Seelein. So klares Wasser habe ich in Schweden selten gesehen. Man möchte gleich hineinspringen.
Aber dann entdecken wir diese Warnschilder: „Crayfish Plague“!
Um den Pilz, der in diesem See nachgewiesen wurde, nicht zu verbreiten, dürfen wir das Seewasser nicht berühren.
Wie denn jetzt? Nicht baden bei diesen herrlichen 26°C um 18 Uhr? Kein Trinkwasser? Was kommt denn noch, Schweden?
Speziell schönes Trockenklo
Da gibt es nichts. Wir müssen weiter.
Sieht es wohl am Nachbarsee anders aus? Wir hoffen es, erwarten aber eine Enttäuschung.
Nach einer weiteren halben Stunde treffen wir ein. Wir sind lange nicht die einzigen Menschen hier. Auch alle anderen nehmen vorlieb mit diesem See. Keine Krebs-Pest.

Wie wunderbar erfrischend das kühle Nass ist. Haben wir also doch noch ein Plätzchen ergattert. Hier bleiben wir. Bis die Sonne unter- und der Vollmond aufgeht. Mit einem Gläschen (Tässchen) Zinfandel.

Bis uns die Sonne weckt. Und, da bin ich ziemlich sicher, bis sie ein zweites Mal dem Vollmond den Himmel schenkt.

12. August – Rast am See

o km!

Heute den ganzen Tag die Ruhe am See genossen. Obwohl er sich am Nachmittag mit Menschen füllte, war es angenehm.
Auch das Wetter spielt hervorragend mit – blauer Himmel soweit das Auge reicht.

Taiji und Neigong am Morgen, Buch und Hängematte am Nachmittag. Beinahe wurde es ein wenig langweilig, aber es tut gut, manchmal einfach nichts zu tun.

Unterdessen spinnen wir unsere Pläne für die Zeit zwischen November und April weiter. Felipe, der mit seinem Kinder-Projekt SEINCU in unserem Bananatree in Palomino lebt, möchte auch 2023 Gebrauch von unserem Häuschen machen. Das habe ich heute mit ihm besprochen.

So steht eigentlich der Alternative zur Kolumbienreise nichts mehr im Wege:
  • ca. 3 Monate nach Australien, dann Bali
  • Ende Februar zu Ben’s Hochzeit nach Indien!
  • dann offen: Mehr Indien, Sri Lanka, Nepal?

Aber noch sind wir in Schweden am See, wo wir wunderschöne, lange Sonnenuntergänge und, ab 4 Uhr morgens, -aufgänge erleben. Nachts steigt der Vollmond nur knapp über den Horizont.

13. August

20 km, 6 h

Nach genügsamem Aufstehen um 12 Uhr mittags gehen wir los. Schon nach Kurzem stossen wir auf einen weiteren Unterstand im Wald; wir wollen aber noch weiter.
Der Pfad führt uns hinauf und hinuter durch den Wald, bis wir abends endlich in Trosa eintreffen. Trosa hat einen kleinen Hafen, der mit Yachten und kleinere Booten vollbesetzt ist. Es tummeln sich viele Touristen und Urlauber entlang des Kanals und den Restaurants. Es ist ein herrlicher Sommerabend.
Entlang des schmalen Kanals stehen schöne, alte Holzhäuser, die von der Sonne rot beleuchtet werden. Da entdecke ich ein Kanu im Wasser, auf dem steht, dass der hiesige Sportladen Kanus und Kajaks verleiht. 600 Kronen pro Tag, ungefähr 55 Franken also. Ein anderes Mal vielleicht.
Wir kaufen im Coop ein und wandern ein paar Kilometer aus der Siedlung hinaus, um auf der kleinen Insel neben Trosa ungestört in der Hängematte zu übernachten. Naja, nicht ganz ungestört. Mücken schwirren um meinen Kopf und halten mich eine ganze Weile vom Einschlafen ab.

14. August

10 km, 2.5 h

Um 7 Uhr werden wir von der wärmenden Sonne geweckt. Am kleinen Strand frühstücken wir genüsslich mit Kaffee und Müesli. Ein paar frühe Schwimmer nutzen die Gunst der Stunde und tauchen in der Stille des Morgens ins Wasser. Es ist Sonntag, der Strand wird sich wohl schon bald mit Kindern und Eltern füllen.
Macht nichts, wir fahren mit Busen und Zügen von Trosa bis zu den Toren des Tyresta Nationalparks, zwanzig Kilometer südlich von Stockholm. Hier wollen wir unsere Fernwanderung durch einen kleinen Teil von Schweden beenden.
Seraina übt sich in der Makro-Fotografie
Das Wetter ist blendend – seit Tagen. Aber auch hier im Norden bemerkt man die Trockenheit. Zum Wandern ist das Klima aber ideal. Abends frisch, am Tag sonnig. Was wollen wir mehr?
Im Tyresta Nationalpark werde ich an die USA erinnert. Der Park ist mit guten Wegen ausgebaut, die Pinienwälder gleichen den Wäldern in Kalifornien, viele Menschen besuchen ihn, aufgrund seiner Nähe zur Stadt.
Ein Manko hat er jedoch, wie wir später feststellen: Es gibt zwar einige offizielle Übernachtungsmöglichkeiten mit Schutzhütten und Feuerholz (im Nationalpark gilt das Jedermannsrecht nicht), aber nicht wie ausserhalb des Parks fehlen hier die Trockenklos, was leider dazu führt, dass man immer wieder Toilettenpapier im Wald entdeckt, untypisch für Schweden. Nicht übermässig schlimm, aber es fällt auf.
Wir wandern etwa acht Kilometer in den Park hinein, je tiefer, desto weniger Menschen treffen wir an. Unerwartet finden wir den angepeilten Rastplatz mit Schutzunterstand am See fast leer vor. Ein paar Leute baden in der Abendsonne im See und geniessen die letzten Strahlen.
Wir binden die Hängematten zwischen die Bäume und kochen etwas Feines auf dem Feuer.

15. August

5 km, 1.5 h

Ich schlafe so richtig gut und vor allem durch. Um 7 Uhr stehe ich auf, trainiere zwei Stunden, hüpfe über die Felsen zurück in unser Camp, wo noch niemand wach ist. Weder Seraina, noch die Leute im Zelt.
Seraina steht erst auf, als sie das angenehme Knistern des Feuers hört.
Angenehm geschlafen?
Gar nicht gut.
Naja, wir gehen den Morgen wie gewohnt langsam an mit dem Wissen, dass wir heute einen Marsch von bloss fünf Kilometern vor uns haben. Peanuts! Von der einen zur nächsten Schutzhütte, vom einen zum nächsten See.
Alles wunderbare Orte, wo man getrost etwas länger verweilen könnte.
Als wir ankommen, treffen wir ein junges Paar aus Rumänien. Wir tauschen Geschichten aus und schwärmen von Schweden und seinem Jedermannsrecht. Es ist grossartig, dass man hier einfach überall sein Zelt aufstellen darf. Im Nationalpark gelten natürlich ein paar zusätzliche Regeln. Seit wenigen Tagen herrscht ein Feuerverbot, dass bei Widerhandlung eine grosse Geldstrafe nach sich zieht. Haben wir nicht gewusst. Gut, dass uns gestern und heute morgen keiner erwischt hat!
Die Rumänen erzählen uns, dass man in ihrem Land nicht wild campen kann. Viel zu gefährlich sei es. Die Bärenpopulation sei in den letzten Jahren sprungartig angestiegen und es habe schon Vorfälle gegeben, wo hungrige Bären Menschen angegriffen hätten.
Hätte ich mir nicht vorstellen können. Aber gut zu wissen, denn Rumänien steht auch auf unserer Reiseliste.

16. August – Aus und vorbei

 
Wir befinden uns auf den letzten Kilometer unserer Fernwanderung, vom Nationalpark an die Bushaltestelle, von wo es nur eine kurze Busfahrt nach Stockholm ist. Wir steigen etwas ausserhalb der Hauptstadt aus und wandern von Süden her in Richtung unseres Hotels.
Wir verzichten bewusst auf die Metro, wir wollen schliesslich etwas von der Stadt sehen. Und Stockholm verspricht vieles.
Was mir als erstes auffällt, ist das bunte Gemisch aus allerlei Kulturen. Das gefällt mir.

Nach drei Kilometern treffen wir pünktlich bei unserem Hotel ein. Es ist ein ausrangiertes Schiff, die Betten Kojen in einem engen Kämmerchen an Bord. Wir fühlen uns wie Matrosen.

Schau dir das Schiffhotel an (affiliate Link): Rygerfjord Hotel & Hostel

Zwar ist es heiss und stickig in unserem Zimmerchen, aber wir haben es für eine Nacht ganz für uns.
Am nächsten Tag erkunden wir Stockholm zu Fuss. Wir spazieren in alle Ecken, finden viele interessante Bars und Restaurants und vor allem auch spannende Bücher-, Comic- und Plattenläden.
Am Ende unseres Stadtbummels stolpern wir zufällig über Olof Röckners UFO-Kunstausstellung. Der junge Künstler sieht, wie wir über seine psychedelischen Bilder staunen und stellt sich uns vor. Im folgenden Gespräch erzählt er uns von den düsteren Gemütsstimmungen, die er früher hatte, und die sich nach einer Ayahuasca-Zermonie hier in Schweden in bunte Freude am Leben wandelten.
So sind auch die Totenköpfe seiner älteren Werke zu erklären, die in seinen neuen Arbeiten zu Götter, Aliens und Fabelwesen wandelten.
Wir finden seine Werke grossartig und wollen sie dir nicht vorenthalten. Hier der Link zu Olof Röckners Website.
Am Abend des 17. Augusts fahren wir mit der Metro hinaus zum Hafen, wo unsere Fähre Talang Silja uns nach Turku in Finnland bringen wird.
Wahrscheinlich weil wir noch die Fähre von Patras nach Ancona im Kopf haben, staunen wir vor Überraschung, als wir den Luxus an Bord dieses gigantischen Schiffs sehen.
Für nur 25 Euro pro Person (die Preise für die zehnstündige Überfahrt sind variabel und hängen von der Nachfrage ab) erhalten wir ein Privatzimmer mit eigenem Badzimmer, ein Pub mit Live-Musik, einem Supermarkt, Restaurants und einem Theater, in dem es Live-Shows zu sehen gibt.
Wir kosten die Fahrt voll und ganz aus – und schlafen folglich eher wenig.
"Hej då Sverige!"
Müde treffen wir früh am nächsten Morgen im sonnigen Finnland ein. Über unseren Roadtrip nach Lappland zu den Rentieren und St. Nikolaus berichten wir dann im nächsten Beitrag.

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