Thailand

Mindfulness Retreat Wat Suan Mokkh

Suan Mokkh ist ein buddhistisches Waldkloster in Südthailand, das 1932 von Buddhadasa Bhikkhu („Sklave/Diener des Buddha“) gegründet wurde. Im Hauptkloster leben etwa 40 Mönche. Der internationale Teil des Klosters, die Wat Suan Mokk International Dharma Hermitage – eröffnet 1989 – begrüsst sowohl nationale als auch internationale Besucher, um an einem 10-tägigen stillen Achtsamkeits-Retreat teilzunehmen, das jeden 1. des Monats beginnt.

Wat Suan Mokkh (lit. „Befreiungspark Tempel“) ist wunderschön gelegen in einem grossen Garten mit Bäumen, Teichen und heissen Quellen. Die Menschen kommen seit Jahrzehnten hierher, um ihren Geist zu kultivieren, inneren Frieden und Ruhe, spirituelle Führung und den Sinn ihres Lebens zu finden.

Die Hauptmeditationshalle

Du musst kein Buddhist sein, dein Innerstes besser verstehen zu lernen: den Geist. Im gegenwärtigen Moment dauerhaft – oder zumindest so lange wie möglich – zu bleiben, während du nur den Atem beobachtest, ist eine viel schwierigere Aufgabe, als man erwarten könnte.

Um das Beste aus einem Achtsamkeits-Retreat herauszuholen, solltest du ohne Erwartungen ankommen. Lebe Tag für Tag, lerne dich auf eine neue Art und Weise kennen, entspanne dich in der ruhigen Umgebung des Klostergartens und lerne die Lebensweise der Buddhisten kennen.

Ist das Suan Mokkh Mindfulness Retreat etwas für mich?

Es ist keine vorherige Meditationserfahrung erforderlich und jeder ist willkommen. Es gibt jedoch ein paar Dinge, die du beachten solltest, bevor du gehst.
Wenn du noch nie zuvor an einem Meditations-Retreat teilgenommen hast, lass mich ein paar Dinge klarstellen:
  • Du wirst Müdigkeit, Langeweile, Rücken- und Beinschmerzen durch langes Sitzen auf dem Boden und durch das Schlafen auf einem harten Holz- oder Betonbett akzeptieren müssen.
  • Du wirst den Drang haben, mit deinen Mitmeditierenden zu sprechen, darfst es aber nicht.
  • Und vor allem musst du dich der Tatsache ergeben, dass du nicht in der Lage sein wirst, deinen ununterbrochen plappernden Verstand völlig zum Schweigen zu bringen. Es wird eine harte, aber lohnende Arbeit an dir selbst sein.

Sicht von der Meditationshalle der Frauen

Also, bist du bereit und kannst:

 

  • jeden Morgen um 4 Uhr aufstehen?
  • jeden Tag stundenlang still sitzen?
  • Dharma (=dhamma) Gespräche (die Lehren des Buddha, auf Englisch gehalten) Tag für Tag hören?
  • nur 2 Mahlzeiten pro Tag bekommen, die letzte um 13 Uhr?
  • 10 Tage lang Teil einer Community mit strengen Regeln sein?
  • 11 Nächte auf einem harten Untergrund schlafen?
  • auf eine tägliche Achterbahnfahrt der Emotionen gehen?

 

Dann empfehle ich dringend, diese Reise anzutreten. Es mag hart klingen – das ist es, du musst einen starken Willen und Energie haben – aber du wirst den Tempel als eine andere Person verlassen.

Beachte, dass das Wat Suan Mokkh einen Achtsamkeits-Retreat anbietet. Weder ist es Urlaub noch eine Reha. Wenn du es nicht ernst meinst oder an Süchten leidest, die du nicht unter Kontrolle hast, solltest du besser nicht teilnehmen.

Die Hauptmeditationshalle von aussen

Die Regeln

Die 8 Prinzipien des Buddhismus:

  • Nicht töten (einschließlich Moskitos, Tausendfüßler, Skorpione, Schlangen und andere Kreaturen, denen du auf dem Gelände begegnen kannst).
  • Nicht stehlen
  • Keine sexuellen Aktivitäten
  • Nicht Lügen
  • Keine Rauschmittel (kein Alkohol, kein Rauchen, keine Drogen, kein Kaffee)
  • Kein Essen zwischen Mittagessen und Frühstück
  • Kein Singen, Tanzen, Spielen/Hören von Musik, keine Parfüms, keine Kosmetik, keine Verzierungen
  • Kein Schlafen in bequemen Betten

Weitere Regeln:

Kein Lesen, kein Schreiben, kein Joggen oder andere Übungen, das Gelände des Meditationszentrums nicht verlassen.

Die schöne Umgebung lädt zum Meditieren ein

Welche Meditationsmethode wird in Suan Mokkh gelehrt?

Sie heisst Anapanasati oder Achtsamkeit beim Atmen. Du konzentrierst dich auf deinen Atem , der in deinen Körper eintritt und ihn verlässt.

Ist es ein stilles Retreat?

Ja. Das bedeutet, dass ihr nicht miteinander reden dürft. Von Tag 3 bis 6 kannst du an persönlichen Interviews mit Lehrern und Mönchen über Fragen zum Buddhismus und zur Meditationspraxis teilnehmen. Am Abend des 10. Tages findet ein öffentlicher Austausch statt. Wenn du willst, kannst du deinen Mitmeditierenden deine Gefühle und Erfahrungen der letzten 10 Tage mitteilen.
Ausserdem wirst du verschiedenen Lehrern zuhören, die über die Erkenntnisse des Buddha referieren: wie man ein buddhistisches Leben führt, über das Leben im gegenwärtigen Moment und natürlich über die Praxis der Anapanasati-Meditation. Es gibt etwa 4-5 dieser Gespräche pro Tag.

Wer nimmt am Suan Mokkh Achtsamkeits-Retreat teil?

Der größte Teil sind Ausländer aus der ganzen Welt; die meisten von ihnen Amerikaner, Europäer, aber auch Asiaten, darunter einige Thais. Im Januar 2019 waren wir etwa 130 Personen. Weibliche und männliche Teilnehmer haben einen ziemlich gleichmässigen Anteil.

Die meisten sind das erste Mal dabei, aber es gibt immer ein paar „alte Freunde“, die schon einmal im Wat Suan Mokkh waren.

Wat Suan Mokkh Thailand
Meditationshalle der Frauen

Was du mitbringen solltest

Es gibt nur eine Handvoll Dinge, die du vielleicht mitbringen möchtest:

  • Ein paar bequeme Kleider (Frauen sollten Ihre Schultern und Oberarme bedecken, keine Röcke. Und Männer, nur lange Hosen). Denk daran, dass das Klima in Südthailand meistens heiss und feucht ist.
  • Mückenschutzmittel
  • Badekleider für die heissen Quellen. Obwohl die Schlafsäle für Männer und Frauen getrennt sind und es Duschblöcke gibt, darf man nicht nackt duschen.
  • Handtuch
  • Toilettenartikel
  • Toilettenpapier
  • Seife für Körper und Kleidung. Biologisch abbaubar, das gesamte Wasser fliesst in den Boden.
  • Eine Yogamatte kann praktisch zum Schlafen und für die Yogastunden am Morgen sein (es gibt Matten, die in der Halle verwendet werden können).
  • Bequeme Schuhe wie Flipflops oder ähnliches.
  • Regenschirm oder Regenponcho
  • Taschenlampe oder ein Feuerzeug für die Kerzenlaterne
  • 2000 Baht, zahlbar am ersten Tag. Dies wird als Spende betrachtet, die die gesamten Kosten des Retreats abdeckt.

Was du nicht mitbringen solltest

  • Essen
  • Zigaretten, Alkohol, Drogen
  • Kaffee, Tee

Bereitgestellt wird

  • Sehr einfaches Privatzimmer
  • Decke
  • Gefiltertes Wasser
  • Kerzenlaterne
  • Wäscheleine
  • Vegetarisches, oft veganes Essen
  • Holzsitze, Matten und Kissen zum Sitzen in der Meditationshalle.

Wat Suan Mokkh Thailand
Mein stilles Kämmerchen mit hölzernem Bett und Kissen

Wie sieht ein typischer Tag in Suan Mokkh aus?

4 Uhr morgens: Die Klosterglocke läutet

4.30 Uhr: Morgendliche Lesung und Meditation in der Gruppe.

5.15 Uhr: Yoga/Taiji-Übungen. Entweder geführt oder für sich selbst.

7 Uhr morgens: Dhamma-Gespräch und Sitzmeditation

8 Uhr: Frühstück und Hausarbeiten*.

10 Uhr: Dhamma Vortrag

11 Uhr: Geh- oder Stehmeditation

11.45 Uhr: Gruppen-Sitzmeditation

12.30 Uhr: Mittagessen und Hausarbeiten*

14.30 Uhr: Dhamma-Gespräch und Sitzmeditation

15.30 Uhr: Geh-, Steh- oder Sitzmeditation

16.15 Uhr: Gruppen-Sitzmeditation

17.00 Uhr: Chanting und Loving Kindness Meditation

18.00 Uhr: Tee/Heiße Schokolade und Zeit für die heissen Quellen

19.30 Uhr: Gruppen-Sitzmeditation

20 Uhr: Gruppen-Gehmeditation

20.30 Uhr: Gruppen-Sitzmeditation

21.00 Uhr: Schlafenszeit (Tore schließen um 9.15 Uhr)

21.30 Uhr: Licht aus
*Ämtchen:

Gemeinnützliche Aufgaben:

Jeder muss sich eine Gemeinschaftsaufgabe aussuchen, wie z.B. Laub und Sand in und um die Meditationsräume und Schlafsäle zu harken, Böden, Fussbäder und Toiletten zu reinigen.

Persönliche Aufgaben: Wäsche waschen, duschen.

Spezielle Tage

Tag 0 – Registrierungstag

Komme am letzten Tag des Monats an, um dich vor 15.00 Uhr anzumelden, dich interviewen zu lassen* und dich für eine Aufgabe anzuschreiben. Bringe deine Wertsachen (Handy, Musik-Player, Computer, Brieftasche, Reisepass) zur Aufbewahrung an den Empfang. Achte darauf, dass du etwa 500 Thai Baht bei dir behälst, falls du etwas im kleinen Laden im Esssaal kaufen musst (täglich 13.00 – 13.30 Uhr geöffnet). Sie verkaufen Handtücher und Fishermen Pants, Mückenschutzmittel, Zahnpasta, Toilettenpapier, etc.

Den Rest des Tages kannst du durch das Meditationsgelände spazieren, dich in deinem Zimmer einrichten und dich mit anderen Teilnehmer unterhalten.

16.00 Uhr: Begrüssung-Dhamma-Gspräch

17.00 Uhr: Geländebesichtigung

19.15 Uhr: Nach den Fragen und Antworten: Beginn der Stille

*Interview: Jedem werden einige informelle Fragen über seine Absichten gestellt, was er von dem Retreat erwartet, ob er sich für die nächsten 10 Tage fit und gesund fühlt.

 

Tag 9
Keine Dhamma-Gespräche an diesem Tag. Nur Meditation. Nur eine Mahlzeit. An diesem Tag sollst du einen typischen Tag eines buddhistischen Mönchs erleben.

 

Tag 10
Leichte Modifikationen. Austausch: Jeder, der möchte, kann seine Erfahrungen der letzten 10 Tage mitteilen.

 

Tag 11

4.00 – 5.15 Uhr: Der Tag beginnt wie gewohnt.

5.15 Uhr: Packen und Reinigen der Zimmer

5.45 Uhr: Wertsachen abholen. Ende der Stille

7 Uhr morgens: Ende des Retreats

8 Uhr morgens: Optionales Frühstück im Hauptkloster

9.30 Uhr: Fakultativer Vortrag und Führung im „Spirituellen Theater“ im Hauptkloster

Wat Suan Mokkh Thailand

Wie man zum Wat Suan Mokkh kommt

Das nächstgelegene Dorf ist Chaiya, 6 km nördlich des Hauptklosters. Die Stadt Surat Thani liegt etwa 55 km südlich. Das International Dharma Hermitage (IDH) liegt ca. 1,5 km östlich des Hauptklosters, gegenüber der Hauptstrasse.

Von Bangkok aus kannst du einen Nachtbus nach Surat Thani nehmen, am Hauptkloster in Chaiya aussteigen, von wo aus du die 1,5 km zum IDH gehen oder ein Motorrad/Taxi vor den Toren des Hauptklosters nehmen kannst.

Bequemer ist es jedoch, ein Bett in einem Nachtzug nach Chaiya zu buchen. Vom Bahnhof Chaiya nimmst du einen Songthaew (Sammeltaxi) für 20 Baht und steigst am Hauptkloster aus. Oder nimm ein privates Auto/Taxi/Motorrad, das etwa 100-150 Baht kostet und dich direkt zum IDH des Klosters bringt.

Von Surat Thani kommend, nimm einen Bus nach Norden in Richtung Chumporn und teile dem Begleitpersonal mit, dass du beim Wat Suan Mokkh in Chaiya aussteigen möchtest.

Vom Flughafen Surat Thani aus kannst du mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ca. 1 Stunde) zum Hauptkloster fahren oder ein Taxi direkt zum IDH nehmen.

Beste Zeit für den Besuch des Wat Suan Mokkh

Während der Hauptsaison (Dezember – April) kann es ziemlich voll werden, während es in der Nebensaison (Regenzeit) zwischen Juni und November ruhig und friedlich ist. Auf der Suan Mokkh IDH Seite findest du ein schönes Diagramm:

Fazit

Um auf diese innere Reise zu gehen, braucht es etwas Überzeugung und Willenskraft. Sicherlich kann sich dieser 10-tägige stille Rückzug für manche so anfühlen, als wolle er nicht enden.
Aber einmal von der Aussenwelt getrennt zu sein – keine Anrufe, E-Mails, etc. – und zu wissen, dass du Zeit nur für dich hast, hat eine beruhigende, friedliche Wirkung, von der du willst, dass sie nicht aufhört.
Erlebe etwas Besonderes in diesen 10 Tagen in Thailand und wage es, deine Komfortzone zu verlassen und zu einer Lebensweise der Einfachheit und Entspannung zurückzukehren. Wer es versucht, wird sicherlich belohnt.

Wat Suan Mokkh Thailand
Esssaal am letzten Morgen im Wat Suan Mokkh

Hast du noch Fragen? Schreib uns eine Mail oder hinterlasse hier einen Kommentar.

Genau vor einem Jahr verliess ich das Suan Mokkh Kloster in Thailands Süden nach einem zehntägigen Meditationsretreat. Es war eine ganz spezielle und passende Art ein ereignisreiches Jahr zu beginnen.

Ich erinnere mich, dass ich, als ich auf meiner hölzernen Pritsche versuchte Schlaf zu finden, in der Ferne leise Feuerwerksknaller hörte, die vom Anfang des Jahres 2019 kündeten.

Ich drehte mich abermals um und versuchte, den Schmerz in meiner Hüfte vom harten Bett zu ignorieren. Bald genug würde ich aufstehen müssen. Und tatsächlich, pünktlich um 4 Uhr morgens erklang der Gong, der uns auf die Reise der inneren Ruhe, aber auch der emotionalen Achterbahnfahrt schicken sollte.

Am Vortag mussten wir all unsere Handys, Computer, Musikplayer, etc. abgeben, damit wir nicht in Versuchung kämen, uns mit Unterhaltung abzulenken. Damit wir jeden Moment in den folgenden 10 Tagen bei uns blieben, jeden einzelnen Atemzug mitbekämen.

Auch Bücher und Schreibzeug waren nicht erwünscht. Ich konnte jedoch nicht meinen ganzen Reiserucksack mit all meinen Kleidern und Büchern abgeben. So nahm ich ihn mit in meine Zelle. Und natürlich hatte ich auch ein bisschen Andreas Altmann in Erinnerung, der in Triffst du Buddha, töte ihn schreibt, dass er in seinem zehntägigen Retreat in Indien nur gegen ein Verbot verstiess. Jeden Abend vor dem Schlafengehen schrieb er Tagebuch. Jede andere Sucht oder Regel konnte er aushalten: Nikotin, Koffein, zehn Tage nicht sprechen… Nicht aber den Verzicht zu schreiben.

 

So hatte auch ich mein kleines Reisetagebuch zur Hand und schrieb ein paar Zeilen, wenn ich in der Mittagspause oder abends Zeit dazu fand.

Wenn ich jetzt durch mein Tagebuch lese, fallen mir ein paar Dinge auf:

  • dass mich Rücken- und Beinschmerzen sehr beschäftigten
  • dass sich das emotionale Auf und Ab von Stunde zu Stunde ändern konnte
  • dass der Monkey Mind unzähmbar ist (damit ist das permanente Geschwafel des eigenen Geistes gemeint)
  • und dass zuviel über Buddhismus und dessen Lieblingsthema „Dhukka“ (das Leiden der Menschheit) gesprochen wurde.

Klingt jetzt alles ziemlich negativ. Trotzdem war es eine ganz besondere Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Im Gegenteil, ich will es wieder machen. Denn wann kriegt unser Geist je eine Pause in unserer hektischen Welt? Wann konzentriert man sich je auf das Auflösen des ewigen Gedankenstroms im Kopf?

Zehn Tage lang war das möglich. Nichts, woran man denken musste. Nichts, dass man noch erledigen musste. Von der Aussenwelt völlig abgeschottet waren wir uns selbst überlassen. Für die meisten Menschen wohl unvorstellbar, ja, gar beängstigend.

Ich möchte dir jetzt meine Erfahrungen, Gedanken und Gefühle etwas näher bringen, indem ich dir Ausschnitte aus meinem Tagebuch zeige. Dazwischen muss ich vielleicht manchmal ein paar Dinge erklären. Mal sehen…

 

Tag 1 – Abend

Frage: „Wie fühlst du dich heute?“

Antwort: „Es gibt gar kein Du. Wie es kein Ich gibt. Nur atemlose Atmende. Äh, ich meine, Atem ohne Atmende. Aber wäre da ein Ich und ein Du, ich lüde dich zu ein paar Bieren und guter Musik ein. Und danach suchte ich mir ein hübsches Mädchen für die Nacht.“

Am ersten langen Tag schon habe ich Gedanken übers Aufgeben. Vor allem dieses Gerede in den Dhamma Talks (buddhistische Lehren, die wir jeden Tag zu hören bekommen) über „Suffering“ ist schon nicht ganz mein Fall.

Könnte ich den Lotussitz schon, wäre es auch angenehmer.

Ich denke viel an zuhause, an alles, was man sonst tun könnte, als jetzt hier sein.

Natürlich mache ich weiter. Wo führt das wohl hin?

(Der erste Absatz ist wohl ein Witz, der mein Geist mir während dem stundenlangen Sitzen erzählte. Der erste Tag war lang und hart. Ich wollte nur weg von hier. Und trotzdem überwiegte die Neugier. Was würde noch kommen?)

 

Tag 2

Nicht einfacher. Aber kürzer.

Sitzen ist momentan das Schwierigste. Wegen den ständigen Bein- und Rückenschmerzen kann ich mich nicht konzentrieren. Stehend geht es besser.

 

Tag 3

Wieder kriege ich viel zu wenig Schlaf. Zwar sind wir um halb zehn im Bett. Aber immer wache ich auf, wälze mich auf dem harten Holzbrett. Immer einmal pro Nacht auf den Topf. Ich träume. Von Menschen, die ich kenne. Von zuhause.

Am Morgen tun mir die Beine und Rücken weh. Am Nachmittag kann ich mich etwas besser fokussieren und von Zeit zu Zeit die Gedanken etwas kontrollieren.

Ich habe einen Mittelweg gefunden zwischen Stehen und Sitzen, der zu funktionieren scheint. Jetzt heisst nur noch: „Einatmen, ausatmen.“ Irgendwann wird es schon gehen. Keine Erwartungen. Geduld.

 

Tag 4

Trotz wenig Schlaf fängt der Tag ganz vielversprechend an. Ich fühle mich gutgelaunt, fokussiert. Nach dem Frühstück hüpfe ich kurz in die Hotsprings (ja, das Kloster besitzt seine eigenen heissen Quellen!). Auch das Unwetter macht mir nichts aus.

Dann plötzlich kippt die Stimmung. In der „Happy Hour“-Chanting Stunde (da ist die Loving Kindness-Meditationsstunde gemeint, die wir täglich um 17.00 hatten). Der Monkey Mind wirkt gerade zu böswillig. Zuviel Geschwafel über Dhukka, Love & Happiness. Sie (die buddhistische Nonne, die die Stunde leitet) hat so nichts Richtiges zu sagen, kichert immer blöde.

Auch anderen scheint es so zu gehen. Sie machen nicht mit, liegen faul herum.

Die ersten Zwei sind geflüchtet heute. Obwohl es heisst, man dürfe das Retreat nur aus schwerwiegenden Gründen frühzeitig verlassen, haben sie es wohl nicht länger ausgehalten.

Die Geduld wird auf die Probe gestellt. Wie am selben Tag die Stimmung von „Ich freue mich schon auf die nächste Meditationsstunde!“ auf „Genug mit dem religiösen Buddhisten-Geseusel, ich brauche wieder was anderes!“ kippen kann.

Gut. Habe ich das also erkannt. Bleibt nichts als den Geist abzustellen und beim nächsten Gong wieder auf der Matte zu stehen. Ob es jetzt uns draussen die Bäume um die Köpfe wirbelt oder nicht (ein zweitägiger Tropensturm war im Anmarsch).

Und natürlich lassen sich die Gedanken doch nicht abstellen. Was soll ich tun, wenn ich hier wieder raus bin? Was soll ich machen, wenn ich wieder zuhause bin? In Aarau Meditation anbieten zusammen mit Bowen, Massage, Taiji? (Ich überlegte mir in der Zeit, ob ich eine Massage Ausbildung beginnen sollte). Ich könnte ja mit Chregi (mein Yogi-Freund) ein Bauernhof Retreat eröffnen. Wäre doch was!

 

Aus den heutigen Teachings:

Wie sich auf den Atem konzentrieren?

  1. Mach bewusst lange Atemzüge, mach bewusst kurze Atemzüge. Fühle den Unterschied. Zähle die Sekunden beim Einatmen und mache die Ausatmung gleich lang. Wenn das geht, dann
  2. Verfolge den Atem, wenn er zur Nase einströmt bis hinab in die Lungenspitzen und zurück bis er deinen Körper durch die Nase wieder verlässt. Wiederhole das ständig. Wenn das geht, dann
  3. Konzentriere dich bei jedem Atemzug auf einen Punkt, vorzugsweise auf die Nasenspitze. Fühle den Atem stets an diesem Punkt. Wenn es einfacher ist, damit du nicht abschweifst, zähle jeden Atemzug bis zehn und fange dann wieder von vorne an. Wenn das geht, dann
  4. Sehe/spüre eine weisse Sphäre vor deinem dritten Auge (sie kann der Sonne, dem Mond oder einer Kerzenflamme ähneln). Augen können geschlossen oder geöffnet sein. Fühle/sehe diese Sphäre bei jedem Atemzug. Wenn das geht, kannst du beginnen, mit ihr zu spielen. Verändere ihre Grösse, Form und Farbe, etc.

(Dies sind die 4 ersten der 16 Schritte der Anapanasati- oder Achtsamkeit beim Atmen-Meditation. Wenn ich mich recht erinnere, bist du bei Schritt 16 schon ziemlich erleuchtet )

 

Die 4 Hinderungen

Erklärungen für die nachfolgende Tabelle:

1. Reihe: Die Bilder. Der Geist ist reines, klares Wasser, dass von Wünschen und Gefühlen aufgewühlt wird.

2. Reihe: Erklärung der Hinderung

3. Reihe: Welche Methode kann ich anwenden, um die Hinderung zu überwinden?

Ich fühle, dass die 3. Hinderung (Rastlosigkeit und Trägheit) mein grösstes Problem ist.

Sinnliche Wünsche

Böser Wille,Wut

Rastlosigkeit,

Trägheit

Zweifel

Getrübtes Wasser

Kochendes Wasser

Vom Wind aufgewirbeltes Wasser

Algiges Wasser

Komfort, den du Vermisst

Zorn, Wut, den du empfindest

Konzentrationsmangel aufgrund von Unruhe und Trägheit

Zweifel am Leben/Weg des Lebens

Langgezogenes Atmen

Loving Kindness Meditation

Langgezogenes Atmen, Atem zählen

Alle 4 Atemtechniken

 

Tag 5 – Was für ein Tag!

Der Morgen verläuft ganz wunschgemäss, dann, nach dem Frühstück und dem Bad in den heissen Quellen, geht gar nichts mehr. Ich bin hundemüde und kann mich nicht konzentrieren.

Soll ich den Humbug wirklich weiter über mich ergehen lassen? Es wäre so einfach, aufzuhören. Und dann fallen mich noch die grossen, roten Ameisen an, als wir einen vom Sturm gefällten Baum wegräumen wollen. Nie war ich so voller Viecher! In den Haaren, an der Kopfhaut, überall haben sie sich festgebissen.

Eine natürliche Kopfmassage. Die nicht alle überlebten. Von wegen, du sollst keinen Atem aushauchen (die 1. Grundregel des Buddhismus: Nicht töten).

Dann – siehe da – nach einem kurzen Mittagsschläfchen ging es langsam aber stetig bergauf, bis zur „Happy Hour“, die heute wirklich schön war.

Tatsächlich hatte ich kleine Einsichten heute. Wie zum Beispiel: „Wenn ich esse, esse ich.“ heisst nicht, dass ich beim Essen „ich esse“ denken soll, sondern dass ich die Aktivität des Essens, die Empfindung, die ich dabei habe, bewusst fühlen soll. Achtsames Essen.

Gut, das ist ja nichts Neues, aber die Bedeutung wurde mir wieder bewusst.

Den Monkey Mind zu zähmen bleibt hart; der ist zäh. Also wieder ran an den Speck und weiter üben!

 

Tag 6 – Tut sich noch was?

Irgendwie ist gerade etwas die Luft raus. Keine Woche bin ich hier und schon hat sich Routine eingeschlichen. Lebe das jetzt! Dhukka hier und freudiges Fröhlich-Sein da.

Der Monkey Mind bleibt, wie auch die Rücken- und Beinschmerzen. Was lernen wir? Geduld!

Geduld haben, weitermachen.

Do it the Buddhist way: Ohne Erwartungen, aber mit Bemühung kommt der Erfolg von alleine.

Heisst es. Noch vier Tage. Also durchhalten und weiter geht’s.

Merke: Pema Chödrön: „The Widsom of No Escape.“

 

Tag 7

Heisse Tage, heute und gestern. Noch drei!

Lerne: Sei geduldig, übe Disziplin, lass dein Ego los.

Die Gedanken lassen sich nicht abstellen. Die Schmerzen gehen nicht einfach weg. Akzeptiere das.

Wohin soll ich nach dem Retreat? Australien? Taiwan? Ja, schon wieder Zukunftspläne schmieden.

Meditationstipp: Versuche, einen aufkommenden Gedanken aufzuschnappen und ihn willentlich/aktiv weiterzuspinnen. Übe das 1 Minute, dann 5 Minuten, dann eine Stunde… Geht fast nicht. Ich konzentriere mich so auf den Gedanken, dass der Kopf leer bleibt! Ist das umgekehrte Psychologie oder was?

Ein Vergleich: Der Geist = Ameisenhaufen

 

Tag 8 – Der Meister hat gesprochen

Ich frage Suphol, meinen Lieblingslehrer, was ich gegen die ständigen Schmerzen machen soll. Er rät mir, immer die Position zu wechseln, wenn die Schmerzen zu gross werden. Es kommt nicht aufs Sitzen an. Kannst du nur zehn Minuten sitzen, steh auf.

Zu seinem engsten Schüler sprach Buddha, dass er zu sehr an ihm, Buddha, hänge, er solle loslassen. Später sei eben dieser Schüler beim Wechseln seiner Position erleuchtet worden. Ok.

Bescheidenheit ist noch etwas, dass ich von hier mitnehmen kann. Sei es beim Essen, Trinken und allem anderen Konsum.

Sei freundlich und ruhig.

Aber das ganze Buddha und Dhukka-Gepredige geht mir auf den Kecks. Wir sind doch keine Sekte hier. Deswegen meinte einer, dass dieses Retreat etwas „kultig“ sei.

Trotzdem, man kann darüber hinwegmeditieren. Ich glaube, auch wenn sie hier sagen, das eine ginge nicht ohne das andere (wo der Buddhismus die Theorie ist, stellt die Meditation die Praxis dieser Theorie dar), dass man meditieren kann, um ruhiger zu werden, bestimmte Lebensprinzipien zu verstehen und eine Balance für sich zu finden. Und öfters im Jetzt zu leben.

Man stelle sich eine ganz und gar buddhistische Welt vor. Alles Friede, Freude, Eierkuchen. Klingt langweilig? Klingt unmöglich?

Jeder müsste den Buddhismus voll und ganz leben. Von aussen gesehen ein ziemlich tote Welt. Alle sind sie gesund und munter, praktizieren Yoga und Taiji, beschimpfen sich nie, konsumieren fast nichts. Und meditieren natürlich zehn Stunden am Tag. Keine Musik – dafür Chanting, kein Tanz – dafür Walking Meditation, kein Feuer, denn das ist gelöscht.

Und keine weichen Kissen und Betten. Denn ein Brett und ein Holzkissen unter dem Kopf tun’s ja schliesslich auch.

Und die sagen hier, das sei der einzig wahre Weg.

Wieder einmal finde ich einen Mittelweg zwischen diesem Buddhismus und dem gewöhnlichen Leben das Passendere.

Eins steht fest: Eine gute Brise Buddhismus würde dieser Welt sehr helfen. Weg vom blinden Konsum und Materialismus. Weniger ist mehr. Immer wieder.

Walking Meditation

 

Tag 9 – Tag der Ruhe

Wir sind heute auf uns gestellt. Es fühlt sich fast wie eine Prüfung an. Keine Dhamma-Talks, nur meditieren.

Es ist ein schöner Tag ohne langweiliges, langwieriges Gerede und Zuhören-Müssen. Der Tag ist aber auch anstrengend. Nach neun langen Tagen fühle ich mich saumüde. Dazu kommen Rückenschmerzen, kaum sitze ich.

Aber morgen haben wir schon die letzte Runde. Geniessen wir also die heile Welt hier drinnen noch einmal.

Mit auf 100-Zählen kann ich mich eine Weile gut auf den Atem konzentrieren.

Ich übe fleissig Taiji, sitzen, stehen, gehen. Und doch triumphiert mein Monkey Mind immer wieder.

Was nehme ich mit?

  • Was zum dran arbeiten: Meditation
  • Ich habe Disziplin, aber an der Geduld muss ich feilen
  • Bescheidenheit, an sie muss ich mich immer von Neuem erinnern
  • Die Vergangenheit und Zukunft häufiger in den Hintergrund rücken, mehr in der Gegenwart leben. So bleibt der Geist wach.

 

Tag 10 – Letzter Tag

Ich bin nicht mehr sehr motiviert. Ich habe Mühe, mich zu konzentrieren. Dafür habe ich Taiji geübt, was sehr schön ist hier draussen.

Dann nochmal richtig gut gegessen (die Mittagsessen waren immer erste Klasse!), nochmal eine heisse Schoggi statt Tee zum Znacht.

Natürlich erzeugt es auch Dhukka/Leiden, sich auf diese Dinge zu freuen, ich weiss.

Aber ja, von Dhukka, Buddhadassa, Ubatanda, Kandas und dem Prison of Life (wie im heutigen Dhamma Talk beschrieben) habe ich für mein Leben genug gehört. „Wir alle leben in einem spirituellen Gefängnis. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Und wir wollen ausbrechen.“, hiess es.

Alles hat so einen negativen Hauch. Das Positive aufgeben und nur noch meditieren und abstinent leben? Eher nicht. Da lebe ich lieber auch mit Negativem. Aufregung darf sein.

Natürlich wäre es gesünder für Körper und Geist. Aber für die Seele? Die braucht Spannung, Spass. Und Schokolade!

Am Ende haben sie uns noch zwei Stunden zum Arbeiten eingespannt. Laub rechen = Meditation während der Arbeit.

Heute Abend dürfen wir uns öffentlich austauschen. Mal sehen, ob jemand etwas zu sagen hat. Und ob es ähnlich klingt, wie ich gerade denke.

Das „Public Sharing“ war augenöffnend! Nonstop sprachen die Leute. Wirklich schön, wie sie ihr Herz ausschütteten. Wir hörten Lebensgeschichten, in denen schlimme Erlebnisse vorkamen, wie Suizidversuche und sexuellen Missbrauch. Wir hörten berührende Dinge, die Leben verändern können. Wir hörten glückliche, zufriedene und auch weinende Menschen.

Und ich mit meinen negativen Gedanken! Ich sehe oft nur das Schlechte in den Dingen, anstatt mich am Schönen zu erfreuen. Ich verschliesse mich, das macht mich unglücklich. Dhukka und gleich nochmal Dhukka. Es gibt Menschen, die leiden halt gerne. Ich hab’s anscheinend noch nicht verstanden.

Wie ernst das Leben für gewisse Leute ist. Wie sinnvoll es sein kann.

Öffne dich! Lass es zu! Nimm es an! Sieh die schöne Seite der Welt. Auch in den Menschen. Tue gerne, was du machst. Mache, was du gerne tust!

Nochmals lasse ich mich treiben. Aber achtsam. Offen für Neues, weltoffen, menschenoffen. Freunde, nicht Feinde. Jetzt und hier.

Puh, danke, das war enthüllend.

Ich hätte grosse Lust, gleich nochmal zehn Tage Meditation anzuhängen!

Satu, satu, satu.

meditationsretreat

Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, dass die Dinge, die in meinem Tagebuch stehen, Momentaufnahmen von meinem damaligen Leben sind. Meine Einstellung hat sich seither geändert. Gegenüber dem Buddhismus, den ich nicht ganz glimpflich davonkommen lasse, und auch gegenüber dem Retreat, das in meinen Augen zwar einige Dinge besser machen könnte, aber alles in allem eine wertvolle Arbeit macht, fast völlig ehrenamtlich, und uns Raum und Zeit und Anleitung gibt, uns selber zu reflektieren. Darüber bin ich sehr dankbar und zehre heute noch Kraft davon.

Seither habe ich oft über meine Erlebnisse gesprochen. Nicht wenige Menschen antworteten respektvoll und mit grossen Augen, dass sie das toll fänden, aber es sich nicht vorstellen könnten, zehn Tage mit sich allein zu sein. „Das halte ich nie so lange mit mir aus!“

Meine Antwort darauf bleibt immer noch dieselbe: „Genau darum geht es. Es ist eine Kunst, sich selbst auszuhalten. Lerne, dich selber zu ertragen, alleine mit dir zu sein. Und ernte die daraus resultierende Gelassenheit, Ausgewogenheit und Freundlichkeit.“

Wahrscheinlich muss nicht jeder Mensch meditieren, um sich besser und gesünder zu fühlen. Aber helfen würde es allen, dem Individuum wie der Menschheit.

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