Finnland

Road Trip durch Finnland

Zwei Wochen sind wir meist auf dem europäischen Fernwanderweg E6 durchs südliche Schweden von Östergötland nach Stockholm gewandert. Ursprünglich wollten wir diese Wanderung durch Finnland entlang des E6 fortsetzen, haben uns aber umentschieden und uns ein Auto gemietet, das wir in Turku nach Ankunft mit der Fähre abholen würden.
Road Trip Finnland
Ein Grund dafür war sicherlich, dass die Landschaft hier im Norden nicht sonderlich abwechslungsreich ist, wenn man zu Fuss unterwegs ist.
Natur pur, viele Bäume und Seen, das ja, aber nach 2 Wochen Wandern haben wir unseren Teil davon gesehen. In Finnland würde die Landschaft nicht viel anders sein.
Deswegen wählten wir ein schnelleres Reisemittel, um das ganze Land möglichst bis weit in den Norden nach Lappland zu erkunden.
Ich darf behaupten, dass es die richtige Entscheidung war.

Liebes Tagebuch…

18. August – Ankunft in Finnland

Wir treffen pünktlich um 7 Uhr morgens in Turku ein. Irgendwo auf der Überfahrt von Stockholm ist uns eine Stunde abhanden gekommen; in Schweden ist es erst 6 Uhr.
Übermüdet und wenig erfrischt (Pub an Board sei Dank) stolpern wir mit unseren Rucksäcken durch die morgendliche Stadt auf der Suche nach dem einzigen so früh geöffneten Café.
Es gefällt uns gut, in Finnland zu sein. Lange ist es her… 2009 führte Serainas und meine erste gemeinsame Reise in den Osten des Landes, wo wir drei Wochen die finnischen Wälder durchstreiften. Schöne Erinnerungen sind uns geblieben.
Wir machen ein kurzes Nickerchen im Park, dann um 11 Uhr ist unser weisser VW Polo bereit, abgeholt zu werden. Es kann losgehen.
Trotz Müdigkeit fahren wir noch 100 km zu einem alten, verlassenen Zeltplatz im Wald, den wir auf der Park4night-App gefunden haben.

19. August – Entlang der Küste in den Norden

Den ersten Tag fahren wir im grossen Ganzen durch. Es gibt viele Blitzer auf dem Weg, aber mit dem bequemen Tempomat und der Distanzkontrolle ist das kein Problem. Wir haben ja keine Eile.
Trotzdem laden die langen Geraden natürlich dazu ein, etwas mehr Gas zu geben, als erlaubt ist. Links und rechts fliegen die Kieferwälder vorbei. Immer wieder überqueren wir lange Brücken über Flüsse und Seen. Es herrscht allgemein wenig Verkehr auf dieser Strasse in den Norden.
Abends finden wir nach etwas Suchen ein mehr oder weniger geeignetes Örtchen im Wald, um unser Zelt aufzustellen. Es ist feucht und wimmelt dementsprechend von Mücken.
Seraina geht spazieren. Sie hat ein neues Hobby gefunden: Die Makrofotografie.
Plötzlich beginnt es stark zu winden, der Himmel verdunkelt sich und schon fällt das Wasser wie aus Eimern herunter. Ich verkrieche mich ins trockene Zelt, habe gerade noch geschafft, die Pasta fertigzukochen.
Seraina hat es voll erwischt. Klatschnass kommt sie später zum Zelt zurück. Der Sturm dauert nicht lange an, und wir schlafen entspannt ein.

20. August – Food Festival

Am Morgen scheint die Sonne wieder. Wir packen und fahren und fahren.
Am Rande der Stadt Oulu finden wir einen schönen Campingplatz, um Kleider waschen und duschen zu können.
Wir spazieren hinein nach Oulu, wo gerade recht was los ist. Die Strassen und der kleine Hafen sind voller Menschen. Am internationalen Food-Festival findet man so ziemlich alles: von Thai- zu mexikanischem Essen, von Kanguru-Burger bis zu englischen Fudges. Man könnte sich so richtig die Bäuche voll schlagen.
Getting ready for the road!
Wir hingegen essen – auch am Festival – lokal. Am skandinavischen Stand füllen sie uns die Teller mit gebratenem Lachs, Sardienen, Bohnen und Kartoffeln. Mir läuft noch immer das Wasser im Munde zusammen, als ich Wochen später diese Zeilen schreibe – haaaa… 🤤

21. August – Weiter Fahrt

Wir fahren von Oulu gemächlich weiter Richtung Rovaniemi, dem Eintrittstor nach Lappland. Kurz vor der kleinen Stadt finden wir im Wald (immer wieder dank Park4night) einen Parkplatz, wo wir übernachten wollen.
Viele geeignete Übernachtungplätze, die wir uns zuvor angeschaut haben, waren bereits von Wohnmobilen besetzt. Von denen sind nicht gerade wenige unterwegs hier oben.
Auch hier auf diesem Waldparkplatz sind wir nicht ganz alleine. Besucher klettern auf den markanten Felsen herum, die aus den Wäldern ragen.

22. August – Das Tor zu Lappland

Wir verbringen die Nacht im Auto, denn es wird regnerisch. Ganz im Gegensatz zum spätsommerlichen Wetter in Oulu, ist es bei unserer Ankunft in Rovaniemi an diesem Morgen grau und kalt.
Im Städtchen läuft nicht viel. Es ist auf den Wintertourismus ausgelegt. Jetzt im Spätsommer sieht alles einfach grau und irgendwie unfertig aus. Trotzdem ist es schön, entlang des Flusses zu spazieren und in den weiten Horizont des Nordens zu blicken. Wald- und Wasserlandschaften so weit das Auge reicht.
Seraina sucht ein Restaurant heraus, wo wir zu Mittag essen können. Es liegt genau auf dem Polarkreis und, wie wir jetzt erkennen, mitten im kitschigen Sankt Nikolaus-Dörfchen mit Hotels, Souvenir-Läden, Rentierfarm und eben jenem Restaurant, wo ich Rentier probieren möchte.
Jetzt Ende Sommer ist hier nicht viel los. Ein paar Touristen streunen herum. Aber ich kann mir ungefähr denken, wie es hier im Dezember im ewigen Winter und Schnee zu- und hergeht.
Im Restaurant, einer nachgebauten traditionellen Sami-Hütte wird Serainas Lachs auf dem Feuer in der Mitte des Hauses geräuchert.
Zu meinem Rentiergeschnetzelten gibt es Kartoffelstock, Preiselbeeren und saure Gurken. Kann ich empfehlen!
Kaum sind wir über den Polarkreis gefahren, erspähen wir das erste von vielen Rentieren, die gelassen an der Schnellstrasse grasen. Das erste, zweite und dritte fotografieren wir noch ausgiebig. Dann merken wir bald, dass die Tiere mit den schönen Geweihen überall sind.
Ein paar weitere Stunden nördlich finden wir unser kleines Airbnb im Örtchen Sodankylä. Es ist ein kleines finnisches Gartenhäuschen gleich neben dem Haus der Besitzer, ganz einfach gehalten.

Es besteht nur aus einem zum Bett ausziehbaren Sofa, einem Tisch mit Bank, einer kleine Kochnische und – das wichtigste – einem Cheminée, das uns abends wärmt.

23. August – Pyhä-Luosto Nationalpark

Rund 50 Kilometer von Sodankylä liegt der Pyhä-Luosto Nationalpark, einem der Highlights der Gegend.

Wir nutzen das schöne Wetter und wandern entlang gut ausgebauten Pfaden durch den Wald und eine tiefe, steinige Schlucht.

Eine steile Treppe führt hinauf auf eine Hügelkuppe. Hier oben kommen wir in den Genuss der phänomenalen Aussicht in die flache Ferne Lapplands – nichts als Bäume und Seen, nur weit hinten sind Hügel sichtbar, ein wahrlich verwunschenes Land.

Abends sind wir zurück in unserem Airbnb. Bei Feuer und einem feinen Abendmahl schauen wir uns Dokus über Finnlands Geschichte und die Kultur und Sprache der indigenen Samis an.

24. August – Urho Kekkonen Nationalpark

Nach zwei bequemen Nächten im Gartenhäuschen begeben wir uns heute wieder hinaus in die Natur. Nochmals fahren wir 120 Kilometer in den Norden. Im Urho Kekkonen Nationalpark sei der Nikolaus zuhaus. Das wollen wir selber überprüfen.
Road Trip Finnland
Wir parkieren vor dem Eingang zum Park. Es wimmelt nur so von Finnen, die den Park mit ihren Bikes oder wie wir wandernd erkunden wollen.
Wir packen die Rucksäcke für einen Zwei-Tages-Marsch und gehen los in die an Russland grenzende Wildniss. Naja, an den Rand der Wildniss. In zwei Tagen kommt man nicht allzu weit in diesem gigantischen Nationalpark.
Es ist etwas hügeliger hier oben im Norden (die Hügel werden Fells genannt). Weniger Bäume nehmen uns die Sicht in die Weite. Eine steinige, karge Landschaft liegt uns zu Füssen.
Obwohl es auf dem Parkplatz nach vielen Besuchern aussah, sind wir jetzt alleine unterwegs; allein auf dem Mond.
Das ändert sich, als wir auf dem Zeltplatz am Rautulampi See ankommen. Hier herrscht Andrang. Viele Zelte sind schon am Nachmittag aufgebaut. Es gibt mehrere Schutzhütten, sie sehen modern und neu aus.
Road Trip Finnland
Wir entscheiden uns, weiterzuziehen. Sicherlich lässt sich ein ruhigerer Ort in der Natur finden. Ausserdem ist erst 15 Uhr, uns bleiben also noch ein paar Stunden Wanderzeit.
Der Tag neigt sich dem Ende zu, als wir in Luulampi eintreffen. Hier ist niemand. Das „Wildniss-Café“ ist bereits geschlossen, die Feuerstelle am See ist unbesetzt. So auch die kleine, mit Holzofen ausgerüstete Schutzhütte.
Wie wunderbar, so müssen wir nicht im kalten Zelt übernachten, sondern können die Hütte einheizen und auf der Holzpritsche schlafen. Platz wäre für etwa 4-6 Personen. Aber niemand behelligt uns die ganze Nacht.
Eine Quelle in der Nähe spendet uns frisches Trinkwasser. Seraina hat sich kürzlich eine App heruntergeladen, auf der die Wahrscheinlichkeit die Nordlichter zu sehen angezeigt wird. Die Saison der Aurora Borealis beginnt bald. Aber noch sind wir zu früh. Die Nacht ist klar und kalt. Und bleibt dunkel.

25. August – Serainas Geburtstag

Nachdem wir uns in der kleinen Hütte gut erholt haben, wandern wir die paar Kilometer zurück zum Parkplatz, wo wir unser Wandergepäck abladen.
Dann erklimmen wir den Kilopää Fell, den mit etwa 550 m.ü.M höchsten Punkt der Gegend. Der Ausblick ist einmalig. 360° Rundblick in die wilde Weite – grandios!
Road Trip Finnland
Am Nachmittag checken wir in unser Airbnb-Appartment in einem kleinen Touristenort ein. Saariselkä ist der nördlichste Punkt unserer Reise.
Bereit zu feiern!
Wir feiern Serainas Geburtstag im Appartment, zu dem ein Cheminée und eine private Sauna gehören. Wir lassen heute nichts ungenutzt.

26. August – Lazy Day in Lappland

Langsames Aufstehen. Heute steht NICHTS auf dem Tagesplan.
Nach einem ausgiebigen Frühstück spazieren wir ins Dorf. Viel scheint in Saariselkä durch die Sommermonate nicht zu passieren. Heute haben sich aber einige Fans von amerikanischen Autos getroffen. Coole alte Chevis und muskulöse Mustangs stehen in Reih und Glied, um bestaunt zu werden. Wir würden am liebsten einen davon kapern und davonbrausen. Unser weisser VW Polo ist gar langweilig im Vergleich.
Immer wieder entdecken wir Rentiere. Unbeirrt stehen sie auf der Strasse und behindern den Dorfverkehr. Niemand stört es.

27. August – Bärentrail

Wir lassen uns Zeit beim Aufstehen, frühstücken und putzen anschliessend die Wohnung.
Um 12 Uhr ist es Zeit aufzubrechen. Wir ziehen los gen Südosten, Richtung Kuusamo, das bekannt ist für Bären-Safaris.
Wir fahren den ganzen halben Tag und finden dank Maps.me und Google eine schöne Schutzhütte auf dem Bärentrail, dem beliebtesten Wandertrail Finnlands.
So ist es nicht verwunderlich, dass noch ein paar junge Wanderer bald nach uns aufkreuzen, um an der selben Stelle zu campieren. Sie schlafen in den Schutzhütten, wir im Zelt in der Nähe.
Regen in der Nacht.

28. August – 5 Sterne am See

Am Morgen spazieren wir entlang des Bärentrails, beobachten ein einsames Rentier im Wald, und fahren schliesslich weiter.
Wir haben uns einen schönen Unterstand für die Nacht herausgesucht (danke, Park4night). Kaum eine Menschenseele befindet sich an diesem 5-Sterne-Plätzchen. Bloss Rentiere.
Feuer entfachen, etwas praktizieren, dann grillieren am See… Finnland ist klasse!
Aber der Wind und die Nächte lassen das Ende des Sommer erahnen. Der Winter naht.

29. August – 5 Sterne am Fluss

Es gefällt uns so sehr an diesem Plätzchen, das wir eine weitere Nacht hier verbringen möchten.

Seraina streunt durch den Wald, während ich am Morgen-Training bin. Sie findet eine andere Schutzhütte am nahen Fluss, die windgeschützt und genauso schön ist.
Also fahren wir kurz einkaufen und verziehen uns alsbald zurück in den Wald, wo wir die letzten Sonnenstrahlen des Tages einfangen. Das Lagerfeuer hält später die Kälte von uns fern, bis wir schliesslich in die Schlafsäcke kriechen.

30. August – Lagerfeuer-Viersamkeit

Nach dem Tag Fahrpause haben wir heute wieder einige Kilometer vor uns. Viel mehr gibt es nicht zu berichten.
Abends entschliessen wir uns, auf einem kleinen, erstaunlich günstigen (12 Euros) Camping zu übernachten. Warm duschen, Feuer machen, wie gehabt.
Am Feuer treffen wir das junge französische Paar Flav und Xavier, die sich mit ihrem Bus auf einer Skandinavien- und Osteuropa-Reise befinden.
Nach all den Tagen Einsamkeit ist es wieder einmal schön, sich mit anderen Leuten übers Reisen, Musik und die Welt zu unterhalten.

31. August – Der Kreis schliesst sich

Weiter geht die Fahrt. Unsere letzte ist auch unsere erste Station: Turku.
Dort verbringen wir die Nacht einmal mehr auf dem Zeltplatz, weil in der Nähe der Stadt kaum ein guter Gratis-Campingort zu finden war.
Ein Sturm zieht über uns, dem mehrere Regenbögen und zauberhaftes Sonnenlicht entgegenwirken.
Es ist unsere letzte Nacht im Zelt. Denn von nun an wird es uns zu kalt. Lieber geben wir ein paar Euros mehr aus, als uns in Helsinki die Auroras abzufrieren.

1. – 3. September – Helsinki

Wir geben den Polo unversehrt zurück und nehmen den Zug von Turku nach Helsinki.

Kriistina, die uns über Booking ihr grosszügiges Appartment leiht, ist eine liebenswerte, hilfsbereite Person. Die Wohnung befindet sich ganz in der Nähe des Zentrums der Stadt wie auch vom Flughafen. Ideal für uns.

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Wir besuchen Helsinki. Das touristische Zentrum mit seinen sehenswerten Kirchen, Museen und 0815-Läden haben wir schnell durchstreift.
Uns zieht der „alternativere“ Teil der Stadt an. In einer Metal-Bar trinken wir ein paar Bier (in Finnland wie schon in Schweden brauen sie wirklich gutes Bier in vielen kleinen Brauereien) und können uns nicht ganz aufraffen, an eines der Live-Konzerte zu gehen.
Stattdessen geniessen wir den letzten Abend, nach einer fabelhaften Pizza bei Faselli, in unserem Appartment.
Seraina lässt sich immer mehr auf Meditation und Neigong ein. Da habe ich sie wohl angesteckt. Heute morgen, wie schon gestern, haben wir eine gemeinsame Sitz-Session absolviert. Eine simple, aber fundamentale Übung: Anchoring the Breath, den Atem verankern.
Dann ist die Zeit abgelaufen. Wir packen, essen und tschüss an den Flughafen. Der Flug nach Hause vergeht sorgenfrei, nicht wie anfangs die Zugreise nach Schweden.
Dieser Road Trip durch Finnland ist zu Ende, aber den nächsten in Downunder befindet sich bereits in Planung.
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