USA zum 2., Mexiko zum 3. Aug 11 – Jan 12
Auf grosser Reise 2010-2012 – Teil VI
USA
Amerikas faszinierender Südwesten
Wir kommen nicht von ihnen los. Die USA haben uns mit ihrer Vielfalt an Landschaften, Wildnis und Menschen in ihren Bann gezogen.
Ziemlich genau sind es jetzt 10 Jahre her, als wir mit unserem stolzen Ami-Schlitten, einem 89 Ford Crown Victoria, die in den 80er-Jahren als Polizei- und Taxifahrzeuge eingesetzt wurden, ein weiteres Mal durch die Staaten Nevada, Utah, Arizona, New Mexico und California heizten.
Leider wurden wir mit der Zeit etwas schreibfaul, deswegen bleiben uns aus jener Zeit vor allem noch Fotos, die wir euch nicht vorenthalten möchten.
Wieder starteten wir in Las Vegas, weil der Flug von Mexiko dahin günstig war, aber auch weil wir die Stadt schon kannten und wussten, wo unterkommen und wie ein billiges Auto besorgen.
Mit unserer 900 Dollar-Karre, eher 2 Sofas auf 4 Rädern, machte die Tour durch umliegenden Nationalparks noch viel mehr Spass.
Fast ein wenig dakadent. Unten in Mexiko liessen wir unseren VW Käfer stehen, um uns hier oben ein zweites, doppelt so grosses Auto zu kaufen.
Tja, wer’s hat, der hat’s. Ein weiteres Highlight war, wie ich mich jetzt erinnere, eines der letzten Auto-Kinos, das wir irgendwo in der kalifornischen Pampa fanden. Und wie immer, unsere neuen wie auch alten Freunde in Kalifornien, die so liebenswürdig waren, uns einen weiteren Einblick in ihr Leben im Sunshine-State zu geben.
MEXIKO
Yucatán und Chiapas – Mit dem Vocho auf Tour
Zurück in der Hauptstadt Mexikos dürfen wir einen Einblick in die Azteken-Kultur erhaschen. Unsere Freunde Oswaldo und Elias gehören zu einer jungen Truppe, die die Kultur ihrer Ahnen wieder aufleben lassen wollen. Sie lernen die alte Sprache Nahuatl, tanzen in traditionellen Kostümen und führen lang vergessene Gebetsrituale durch.
Ein paar Tage darauf machen wir uns auf Richtung Yucatán, wo unsere Mexikoreise einst begonnen hat. Diesmal möchten wir mehr sehen, was unser oranger Käfer uns ermöglicht. Unzählige bekannte und weniger bekannte Ruinen, Höhlen, Cenotes und Strände erwarten uns.
Chichen Itza – Lustiges und Tragisches
Unser Ziel ist Tulum an der mexikanischen Karibikküste. Doch vorerst führt unser Weg durch den tiefen Yucatan und den dichten Dschungel. Nebst den einfachen Dörfern der Mayas sind immer wieder Ruinenbruchstücke zu sehen, die von einer langjährigen Kultur und Geschichte zeugen. Auf uns beide wirkt das Mexiko hier ganz anders, als wir es noch vor Kurzem im Westen erlebten. Viel urchiger und enger mit der Kultur verbunden.
Wir denken oft an Guatemala, denn auch dort hat sich die „moderne“ Welt unter den indigenen Menschen noch nicht so verbreitet. Die Spalte zwischen uns und ihnen scheint hier grösser zu sein, als an anderen Orten. Feld- und Hausarbeit sind noch wichtige Bestandteile des Lebens. Die Tiere laufen frei herum, zwischen ihnen spielen Kinder und Mütter sitzen in der Nähe, strickend – stickend und redend. Doch umso näher wir den vielen Maya-Ruinen kommen, desto mehr spüren wir den Tourismus. Die Dörfer werden zunehmend verbauter, Hotels und Restaurants erheben sich und die Preise sind gar nicht mehr mexikanisch. Der Verkauf prägt hier das Leben.
Azteken- und Mayakalender
Schon in den Schweizer News wurde kürzlich wieder gross von dem Ende des Mayakalenders geschrieben, was ja in einem Jahr, im Dezember 2012, stattfinden soll. Doch abgebildet wurde nicht der Maya-, sondern der Aztekenkalender, worüber wir uns etwas wunderten. Sie mögen gewisse Ähnlichekeiten haben und doch sind sie sehr verschieden. Aber News werden ja auch nur von Menschen geschrieben und dürfen, bzw. sollten, häufiger hinterfragt werden. So wie auch die Geschichte mit den unsicheren Zebrastreifen in der Schweiz. Doch das ist eine andere Geschichte.
Wir schlendern durch Chichen Itza. Es ist tüppig heiss und der Platz ähnelt immer mehr einem Markt. „Excuse me! One dollar, Amigo!! Barato! Good Price!“, schreit es von allen Seiten. Keiner von uns versteht, wieso sie alle fast das Gleiche verkaufen. Marktstand gleicht Marktstand. Mit ein bisschen Kreativität wären sie wohl vorne dabei. Eine Frau versucht verzweifelt selbstbestickte Servietten für einen lächerlichen Preis loszuwerden, Holzfiguren für weniger als fünzig Rappen. „Die können ihr Zeugs noch so günstig anbieten, wenns keiner will, dann kaufts auch keiner!“, kommentiert Simon die Szene etwas nachdenklich.
Und plötzlich sehe ich ihn wieder, den Aztekenkalender. Er wird an unzähligen Ständen zum Verkauf angeboten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es ist, doch Zweifel kommen mir trotzdem auf. Was haben die Azteken mit den Mayas zu tun? Wieso kann man hier den Aztekenkalender kaufen? Den Verkäufer selbsts fragen, ist die einzige Lösung die mir gerade in den Sinn kommt. „Dies ist doch der Azteken- und dies der Mayakalender, stimmt das?“, frage ich ihn, indem ich auf die zwei Kalender zeige. „Ja genau. Nimm sie nur in die Hand.“ – „Danke. Mh, die Tolteken kamen ja im 10. Jhd. vom Aztekengebiet zu den Mayas. Haben diese den Aztekenkalender hier eingeführt?“ – „Nein. Wir brachten sie von Mexiko Stadt hierhin, um ihn an die Touristen zu verkaufen. Viele von ihnen verbringen ihre Ferien ja nur hier und wollen trotzdem den Aztekenkalender kaufen, da er sehr berühmt ist.“ Simon kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Ich denk mir mal nur: Ach ja, geht ja auch ganz einfach.
Unterdrückte Mayakultur
In Xalpa, in der Nähe von Mexiko Stadt, wo wir bei Freunden wohnen durften, gibt es viele Tanzgruppen, welche die Aztekentänze weiterführen und so sich mit ihren Ahnen und der Kultur verbinden. Auch Oswaldo ist ein Mitglied einer solchen Tanzgruppe und so verfolgten wir diese Zeremonie zweimal. Stundenlange Tänze mit kräftiger Trommelmusik, Blasmuscheln und Fuss-Schellen versetzten sogar mich als Zuschauerin in eine gewisse Trance. So war ich begeistert, als wir beim Eingang von Chichen Itza Tanzgruppen der Maya sahen mit grossem Federkopfschmuck und Körperbemalung. Da es der kürzeste Tag des Jahres ist, soll es eine Zeremonie geben hier in Chichen Itza, einem grossen Zentrum und Energiepunkt der Maya.
Doch in der Anlage wusste niemand etwas von einer Zeremonie, auch das Interesse war wohl nicht so gross. Wieder draussen trommelte und sang die Gruppe bereits. Es sah aus, als würden sie nur darauf warten, in die Anlage hineingelassen zu werden. Doch als ein Mitglied der Gruppe von Verhandlungen mit den Wärtern zurückkam, hörten wir, was das Problem war. Die Kulturkomission wollte diese Gruppe nur, wenn jeder Einzelne den Eintrittspreis bezahlte. Für Touristen mag es ja ein kleiner Geldbetrag sein, aber Einheimische können es sich kaum oder gar nicht mehr leisten. So werden Orte, die von ihren Ahnen erbaut wurden und wichtige Kultur- und Energieplätze für sie darstellen, heute des Touristengeldes wegen für die heute lebenden Maya unzugänglich.
Des Bochos letzte Tage
Während mehreren Wochen fährt er schon reibungslos. Wir sind stolz und haben Freude an unserem Bochito. So macht Reisen Spass.
Doch in Tulum fängt er wieder einmal zu stottern an. Nicht so ungewöhnlich. Nach dieser langen Strecke muss man einfach mal wieder Zündkerzen und anderes ersetzen. Den Vergaser putzen, empfehlen mir einige Leute. Eigentlich müsste ich den ganzen Motor auseinander nehmen und reinigen und Verbrauchtes auswechseln. Aber wir wollen ihn ja ohnehin bald verkaufen. Viel Geld und Arbeit wollen wir nicht mehr in ihn investieren.
Schafft er es wohl noch die letzten ungefähr 800 km nach San Cristobal?
Soweit so gut. Er läuft noch immer. Nicht mehr ganz so reibungslos, aber noch wollen wir nicht auf ihn verzichten müssen. Ein Angebot über 8000 Pesos schlagen wir ab. Es ist halt bequem, im eigenen Auto zu reisen. Soviel Gepäck im Bus mitzutragen, können wir uns fast nicht vorstellen.
Wir brechen also auf zur Lagune von Bacalar, die weniger als zwei Stunden entfernt ist – und brauchen den ganzen Tag für diese Strecke.
Nach nur 40 km bleiben wir stehen. Der Motor läuft nicht mehr an. Da hilft alles Stossen und Schieben nichts. Die Strasse verläuft schnurgerade. Links und rechts Moor. Es herrscht wenig Verkehr. Doch nach einer Weile hält jemand und bietet mir eine Fahrt ins 20 km entfernte Limones an. Er kenne da einen Mechaniker.
Und so kommt es, dass unser Bocho tatsächlich einmal abgeschleppt werden muss. Nach einigem Suchen und Tüfteln entdeckt unser Mech das Problem. Ein Teil in der Nähe des Getriebes (keine Ahnung, wie das genau heisst) ist vollkommen durchgebrannt und muss ersetzt werden. Glücklicherweise findet er ein gebrauchtes Ersatzteil und bringt damit den Bocho wieder zum Laufen. Ein oder zwei Monate sollte es so keine Probleme mehr geben, meint er. So kommen wir nach einem langen Tag und 700 Pesos ärmer in Bacalar an.
Nur ein paar Tage sind vergangen, da bahnt sich das nächste grosse Problem an. Schon den ganzen Tag sind wir wieder unterwegs von Bacalar nach Palenque. Als wir anhalten, um eine kurze Pause zu machen (einerseits sind wir hungrig, andererseits muss der Bocho alle drei Stunden mal wieder abkühlen), hören wir ein lautes, unheilverkündendes Lärmen aus dem Motor.
Was ist das jetzt schon wieder? Es scheint irgendwie aus dem Generator zu kommen. Ach, die letzten 100 km schaffen wir heute schon noch. Hoffen wir. Und tatsächlich kommen wir am Abend müde und glücklich an.
Am nächsten Tag fahren wir ins Dorf. Der Motor laut und ungesund scheppernd. Dort erklärt uns ein Mechaniker, dass wir den Generator auswechseln müssten. Der bringe uns ansonsten nirgends mehr hin. Wir nerven uns beide. Das kostet wieder 1500 Pesos.
Kurzentschlossen frage ich, ob den niemand Interesse an unserem Auto habe. Nach einigem hin und her und ein paar Telefonen, findet sich ein Bruder oder Cousin eines der Mechaniker, der mit uns zu verhandeln beginnt. Er will nur 5000 bezahlen. Seraina insistiert. Nicht des Geldes wegen, einfach damit es stimmt. Es geht ums Prinzip und 6000 Pesitos ist nun wirklich noch wert. Wir wissen das, sie wissen das. 6000 oder wir behalten ihn. Der Bruder/Cousin schlägt schliesslich ein.
Es tut uns etwas weh, unser zwar problematischer, aber doch so geliebter Bochito in den Händen dieses unsympathischen Menschen zu lassen. Wir räumen alle unsere Sachen aus. Puh! Soviel Gepäck! Wir können kaum alles zusammen tragen. Rundherum vollgepackt trotten wir los. Ab jetzt sind wir wieder mit dem Bus unterwegs. Hat es also nicht ganz gereicht bis nach San Cristobal. Traurig aber mit einer grossen Last weniger blicken wir ein letztes Mal auf unseren orangen Käfer zurück.