Zu Besuch in Nordkalifornien
Road Trip USA – Epische Reise 2016-2018 Teil II
In Geoffs kleinem Bungalow draussen im Wald hat sich wenig geändert. Geoff heisst uns herzlich willkommen und wir schliessen nahtlos dort an, wo wir vor zwei Jahren aufgehört haben. Wir lassen den Korken knallen und feiern meinen Geburtstag und unsere Wiedervereinigung mit einem feinen Barbecue, dem eine typisch amerikanische Nachspeise folgt: S’mores (Some mores), geschmolzene Marshmellows gedeckt mit Schokolade und Crackern. Also Zucker auf Zucker mit Zucker. Man kann es sich vorstellen, ziemlich süss.
Aber wir wollen nicht lange verweilen. Unser Van soll zeigen, was er kann.
Die folgenden Wochen cruisen wir durch Nordkalifornien, bergauf und bergab, an die Küste und wieder zurück ins hügelige Hinterland. Leider haben wir mit dem Wetter nicht immer Glück. Und über tausend Meter über Meer wird es auch hier im Oktober empfindlich kalt.
Unser amerikanisches Auto mit V8 Motor hält, was es verspricht. Keine Strasse ist zu steil, keine Strecke zu weit. Waldstrassen und löchrige Kieswege sind überhaupt kein Problem. Dafür säuft es auch gallonenweise. Ökologisch schwachsinnig, ökonomisch aber zahlbar. Zumindest hier in Amerika, wo der Liter Benzin halb so viel kostet, wie in der Schweiz.
Auch das Bett ist gross und komfortabel. Wir schlafen meist ziemlich gut. Aber wie schon erwähnt, nachts kann es saukalt werden. Eine Decke mehr wäre nicht schlecht. Trotz Kleider, Kappen und Wollsocken frieren wir uns in den höheren Lagen immer wieder den Ar*** ab.
Unser amerikanisches Auto mit V8 Motor hält, was es verspricht. Keine Strasse ist zu steil, keine Strecke zu weit. Waldstrassen und löchrige Kieswege sind überhaupt kein Problem. Dafür säuft es auch gallonenweise. Ökologisch schwachsinnig, ökonomisch aber zahlbar. Zumindest hier in Amerika, wo der Liter Benzin halb so viel kostet, wie in der Schweiz.
Die Landschaften und die Natur sind jedoch ein Traum. Auf dem Weg ins Lava Bed National Monument an der Grenze zu Oregon rennt Seraina sogar ein Bär vors Auto – von der Grösse her vermute ich, ist es ein Schwarzbär. Gut, reagiert sie schnell und bremst, bevor wir ihn aufladen. Erschrocken verzieht sich der Kleine im Gebüsch.
Im Lava Bed dürfen wir durch meilenweite Höhlen kriechen, die von Lava zurückgelassen wurden. Meistens ist es stockdunkel. Mir ist es nicht so geheuer, vor allem wenn eine Aula grosse Höhle zu einem kleinen Spalt im Fels wird. Glücklicherweise finden wir immer wieder hinaus.
Abends campen wir entweder auf offiziellen Zeltplätzen, die privat sind oder zu einem National Park/Forest/Monument gehören, oder finden irgendwo im Wald ein kostenloses Plätzchen.
Der Lassen National Park im Nordosten Kaliforniens ist zauberhauft. Die Ähnlichkeiten mit der Schweiz fallen natürlich sofort auf: Schneeberge mit Seen und Tannenwälder im Vordergrund, Wasserfälle, unzählige Wandermöglichkeiten. Wie mit allem in den USA sind die Dimensionen einfach ganz anders. Die Weite, in die wir hier jeden Tag blicken, ist einfach unvergleichbar.
Zurück bei Geoff und unseren anderen Freunden ist es Zeit für Halloween. Das heisst Kürbisse schnitzen, verkleiden und feiern. Endlich können wir auch unser aus der Schweiz mitgebrachtes Fondue unter die Leute bringen. Obwohl Amerikaner wenig Brot essen (weil nicht glutenfrei und gutes Brot einfach nicht vorhanden ist), wird das Käse-Fondue von lauten Jauchzern und Hurra-Rufen begleitet! Sicherlich geniesst auch der dazu servierte Glühwein seinen Anteil an der allgemeinen Begeisterung.
Entschuldigung, aber es muss jetzt doch noch sein. Ein Wort zu den Wahlen. Wie ich im zweijahrealten Text über das Anderson Valley schon erwähnt habe: Die Welt könnte untergehen und hier würde das niemand merken.
So nimmt das Leben auch nach dem Wahldienstag seinen gewöhnlichen Lauf. Trotzdem kann auch hier nicht jeder seine laue Stimmung verbergen. Vor allem jedoch höre ich von Ben aus Oakland von der allgegenwärtigen Ohnmacht vieler Bürger, die nicht wissen, wie ihnen geschieht. Die unheimliche Stille in der U-Bahn, die gesenkten Blicke der Menschen auf der Strasse, die Demos in vielen Städten.
Was auf eine Weise unterhaltsam anfing, hat nun letzte Woche einen Höhepunkt erreicht. Geoff entschuldigt sich sogar bei uns! Ich kann mich erinnern, wie er uns vor drei Wochen versicherte, dass wir nicht zu befürchten hätten, dass Trump gewählt würde, nachdem wie er über Frauen gesprochen hatte. Tja, er war nicht der Einzige, der diesem Irrtum verfiel.
Ich kann mir zweierlei vorstellen: Entweder es geschieht, was viele befürchten und der neue Präsident muss von seinen Mitbürgern in die Schranken verwiesen werden. Oder aber er verhält sich ganz anders als erwartet und erweist sich als korrekter und fortschrittlicher Anführer, der viel Positives bewirken kann.
Ich will nicht tiefer darauf eingehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Die Zukunft wird uns zeigen, was mit unserer Welt geschieht.
Ich muss los, das Abendessen ruft. Es gibt Bär-Eintopf.
Die letzten Wochen waren wir vor allem im Anderson Valley stationiert. Hin und wieder unternahmen wir kurze Ausflüge in die Umgebung.
So zum Beispiel trafen wir Ben an der Küste in der Nähe von Gualala, wo seine Eltern ein Ferienhaus besitzen. Sie hatten den richtigen Riecher vor zig Jahren, als sie sich entschlossen, ein Stück Land so nah am Meer zu kaufen. Heute sind diese Ländereien, vor allem in Kalifornien, unbezahlbar.
So kamen auch wir in den Genuss der grossen, hölzernen Villa mit fantastischer Aussicht auf den Ozean. Natürlich liessen wir uns auch den kleinen Whirl Pool nicht entgehen, haben wir es doch diesmal versäumt, einen der zahlreichen Hot Springs in Nordkalifornien zu besuchen. Wir kamen uns vor wie in einem Wellness-Wochenende.
Auch Geoff folgte der Einladung und lernte so Ben kennen. Nach all den Jahren, in denen wir die beiden jeweils besuchten, sie sich aber bloss vom Hörensagen kannten, war es an der Zeit, die beiden einander vorzustellen. Wir verbrachten eine prächtige Zeit zusammen.
Wie sehr man hier auf ein eigenes Auto angewiesen ist, wurde uns schnell klar, als wir uns letzte Woche auf den Weg hinunter nach Oakland machen wollten.
Eigentlich bot uns Geoff an zu fahren. Aber gerade an dem Tag, als wir los wollten, wurde er krank und konnte unmöglich in ein Auto steigen. Die Fahrt, für die wir gewöhnlich etwa drei Stunden gebraucht hätten, wurde plötzlich zwei Tage lang.
Zuerst brachte uns ein anderer Freund die hügelige Strasse aus dem Anderson Valley nach Ukiah, von wo wir den direkten Greyhound-Bus nach Oakland nehmen wollten.
Wir warteten geduldig an der kleinen Haltestelle an der Hauptstrasse mit all unserem schweren Gepäck, nur um vom Busfahrer, als er endlich kam, zu erfahren, dass er uns nicht mitnehmen würde, weil wir Tickets nur online kaufen könnten.
Ganz perplex schauten wir dem Bus zu, wir er uns einfach stehen liess.
Da es heute der einzige Bus war, hatten wir nur die Möglichkeit, es per Autostopp zu versuchen.
Zwei Stunden später, wir wollten schon aufgeben, hielt doch noch jemand. Der Mann war zwar ganz in der Nähe zu Hause, zeigte sich aber barmherzig und brachte uns die fünfzig Meilen bis nach Santa Rosa.
Immerhin hatten wir so die halbe Strecke geschafft. Da es aber schon dunkel war, mussten wir uns ein Motelzimmer suchen.
Zwei Stunden später, wir wollten schon aufgeben, hielt doch noch jemand. Der Mann war zwar ganz in der Nähe zu Hause, zeigte sich aber barmherzig und brachte uns die fünfzig Meilen bis nach Santa Rosa.
Immerhin hatten wir so die halbe Strecke geschafft. Da es aber schon dunkel war, mussten wir uns ein Motelzimmer suchen.
Die nächste Überraschung wartete am nächsten Tag auf uns. Nachdem wir die 1.5 Meilen vom Motel bis zur Busstation mit unseren zwanzig Kilo-Rucksäcken hinter uns gebracht hatten, wollte uns der Busfahrer (diesmal nicht mehr Greyhound) erst wieder nicht einsteigen lassen. Sie akzeptierten unser grosses Gepäck nicht. Als wir ihm aber vorführten, wie wir die Rucksäcke zwischen die Beine nehmen konnten, zeigte er sich nachgiebig. Wir atmeten auf. Sollten wir es doch noch schaffen?
„Wohin wollt ihr?“, wollte er wissen. „Ach, wisst ihr was, ihr fahrt umsonst. Merry Christmas!“ Ich machte grosse Augen, dankte ihm ungläubig und setzte mich zu Seraina. Wir waren wieder unterwegs; man weiss nie, was der Tag bringt. Etwas anders als geplant und einiges später erreichten wir doch noch unser Ziel.
Mittlerweile ist auch hier der kommende Winter zu spüren. Es ist kalt und regnet sehr oft. Auffallend ist jedoch, dass ich nie jemanden höre, der sich über die anhaltenden Regentage beklagt. Das zeigt mir, wie wichtig Wasser gerade hier ist, wo durch den ganzen Sommer kein Tropfen vom Himmel fällt.
Aber ich wäre nicht ich, wenn mir der Regen nicht schon nach zwei Tagen auf den Senkel gehen würde. So freuen wir uns beide auf den Weiterflug in den Süden, wo wir die langen Kleider tief unten im Rucksack verstauen können.
Unser Van ist bei Geoff sicher untergebracht; in einem halben Jahr möchten wir ja hierher zurückkommen und die Staaten in den Sommermonaten bereisen.
Wir sind aufgeregt. Denn schon bald wollen wir an unserem Hausbau-Projekt beginnen. Wir haben so einige Ideen zusammengetragen, Pläne und Zeichnungen erstellt und natürlich alle unsere Freunde hier eingeladen, mit uns nach Kolumbien zu kommen.
Morgen werden wir über New York nach Cartagena fliegen. Wir sind gespannt auf all die neuen Überraschungen, die uns erwarten. Schliesslich wissen wir, obwohl wir ziemlich gut im Planen sind, gewisse Dinge lassen sich einfach nicht voraussagen. Und das ist gut so!
Epische Reise 2016-18
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