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Ziegen, Felsen und Burgen in Kreta

Nach einem Monat in Akoumia, umgeben von unzähligen Büsis, kehren wir zurück nach Tsoutsouros – den Ort mit noch mehr Katzen. Doch diesmal sind sie wie vom Erdboden verschluckt. Wir können nur hoffen, dass sie einen sicheren und nahrungsreichen Platz gefunden haben.

Es ist ein warmer Tag am 6. Juni – ideal für das Theophaniefest, was „Erscheinung eines Gottes“ bedeutet. Bei diesem christlich-orthodoxen Ritual, welches die Taufe Christi ehrt, wird ein Kreuz ins Wasser geworfen. Meist junge Männer stürzen sich hinein, tauchen eifrig danach, und wer es zuerst ergreift, soll für das ganze Jahr mit Glück gesegnet sein.

Unverhofft stolpern wir mitten hinein. Eigentlich sind wir auf dem Weg zu einem kleinen Palmenwald, gut anderthalb Stunden entfernt.

Ausflug zur Lasithi-Hochebene

Von Tsoutsouros brechen wir auf, ahnungslos, dass dieser Ausflug noch überaus spannend wird. Die Lasithi-Hochebene lockt – dort, wo Zeus‘ Höhle verborgen liegt. Umschlossen von Hügelketten erscheint die Hochebene wie ein uralter Vulkan, gefüllt und geebnet. Doch Zeus’ Höhle ist längst zur Touristenattraktion verkommen. Uns hingegen zieht es tiefer in die Wildnis.
Einmal umrunden wir die Hochebene, dann verlassen wir den sicheren Weg. Eine abgelegene Strasse soll uns zurückführen, doch schon bald wird sie zur Schotterpiste. Schafe und Ziegen huschen über den Weg – hier auf Kreta nichts Ungewöhnliches. Der Fernwanderweg E4 verläuft durch diese Gegend, und für den Moment folgen wir ihm.

Die Piste wird tückischer. Felsbrocken, tiefe Löcher, abrupte Steigungen. Dann tauchen Ruinen auf – gespenstische Dörfer, verwaist, selbst die Schafe und Ziegen sind verschwunden. Die Strasse fällt plötzlich steil ab. Geröll, Matsch, rutschiger Untergrund. Das Auto fährt und rutscht hinunter – hier würden wir nicht mehr hochkommen.
Das Herz schlägt schneller. Denn eines wird klar: Wenn ein Aufstieg kommt, den wir nicht bewältigen können, sind wir zu Fuss unterwegs. Umkehren ist ja keine Option. Bis zum nächsten Dorf sind es wohl zehn Kilometer. Absolut machbar. Doch absolut nicht nötig, jetzt!

Das Herz pocht. Vor jeder Kurve halten wir den Atem an. Hinter jeder Kurve atmen wir erleichtert aus. Zehn Kilometer lang. Der Motor dröhnt, die Reifen kämpfen um Halt.
Dann – das Dorf. Zivilisation. Erleichtert und lachend rollen wir hinein. Noch einmal haben wir und unsere Blechbüchse es geschafft. Doch Kreta hat uns gelehrt, warum hier auf dem Land alle Pick-ups fahren.

Tour durch den Westen

Den Osten Kretas haben wir bereits erkundet, doch der Westen fehlt noch – das soll sich ändern. Von Tsoutsouros brechen wir nach Norden auf, nach Rethymno, die drittgrösste Stadt Kretas.

Die Türken besiegten die Venezianer hier im Jahr 1646 und herrschten über 200 Jahre. Sie fügten den venezianischen Palästen hölzerne Erker hinzu. Bis heute sieht man diese in ganz Rethymno.

Westlich von Rethymno liegt Chania, die zweitgrössten Stadt Kretas nach Iraklio. Und sie überrascht uns: wunderschön, lebendig, voller Charme.

Unser nächstes Ziel ist Voutas, ein Bergdorf oberhalb des südlichen Paleochora. Viele Bilder, viele kleinere und grössere Ausflüge, viele Geisslis.

Trachana-Suppe, eine kretische Winter-Spezialität

Trachana (auch Xinochondros auf Kreta genannt) wurde traditionell entwickelt, um Milch oder Joghurt haltbar zu machen.

In der Vergangenheit gab es keine Kühlschränke, und Milchprodukte mussten für den Winter konserviert werden. Um Joghurt oder Milch länger haltbar zu machen, wurde er mit grobem Weizen oder Bulgur gemischt, zu einer dicken Masse verarbeitet und dann getrocknet. So entstand Trachana – ein fermentiertes Produkt, das monatelang ohne Kühlung aufbewahrt werden konnte.

Auf Kreta wird Trachana oft in Suppen oder Eintöpfen gekocht, manchmal mit Tomaten, Käse oder Fleisch. Es ist eine nahrhafte und wärmende Speise, besonders in den kälteren Monaten.

Die Suppe ist eher sauer. Wir fanden sie super lecker. 🙂

Berge am Meer in Frangokástello

Zwei Wochen in Frangokástello – der bisher wärmste Ort, direkt am Meer. Die Berge locken, und wir unternehmen zwei ganztägige Wanderungen.

Tour durch die Aradena-Schlucht

Kreta ist ein Paradies für Schluchtwanderungen – eine beeindruckende Schlucht folgt der nächsten. Die bekannteste ist die 17 km lange Samaria-Schlucht, eine der längsten Europas. Sie zieht sich von den White Mountains bis zum Libyschen Meer, ist jedoch im Winter stets geschlossen.

Stattdessen durchquerten wir eine kleinere, aber nicht weniger spektakuläre Schlucht: die Aradena-Schlucht, nur wenige Kilometer östlich der Samaria-Schlucht. Auf rund 5 km Länge benötigten wir 2,5 Stunden – ein eindrucksvolles Abenteuer, das Bilder besser erzählen als Worte.

Bergtour am Rande der White Mountains

Nach unserer Tagestour durch die Aradena-Schlucht wollen wir mehr von den White Mountains (Kretisch: Madares) entdecken. Die Hochwüste, die aufgrund ihrer kargen, eisfreien Landschaft mit der Antarktis verglichen wird, besteht aus so grobkörnigem Gestein, dass Wasser sofort versickert und kaum Vegetation entsteht. Botaniker schätzen, dass rund 50 Prozent der hier vorkommenden Pflanzenarten endemisch sind. Doch davon wissen wir nichts – und wir werden auch nicht allzu tief in dieses raue Gebiet vordringen. Denn auf den ohnehin schwer zugänglichen Bergen liegt derzeit Schnee.

Trotzdem möchten wir, wenn möglich, einen Blick in dieses Bergland werfen – und zwar wortwörtlich. Also fahren wir ins nächstgelegene Dorf und beginnen unseren Aufstieg. Ein Wanderpfad führt uns in die Höhe. Doch oben angekommen, sind wir noch nicht zufrieden. Die Berglandschaft breitet sich vor uns aus, doch wir wissen, dass die Samaria-Schlucht ganz in der Nähe liegt. Könnten wir nur einen Blick hineinwerfen! Wenn wir diesen Gipfel noch erklimmen, könnten wir vielleicht nicht nur die Schlucht, sondern auch tief ins Herz der White Mountains blicken.

Also steigen wir weiter hinauf, glücklicherweise führt auch hier ein Wanderweg. Als wir ankommen, sehen wir bereits, hinter welcher Ecke unser erhoffter Ausblick liegen könnte. Doch ein Problem bleibt: Der Pfad vor uns wirkt unpassierbar. Wir beraten uns. Sollen wir es wagen? Wir versuchen es – und werden überrascht. Ein von Menschenhand verbesserter Steig führt uns sicher weiter. Nach 1.200 erklommenen Höhenmetern wird der Aufstieg zum Genuss, mit einer Traumaussicht über das Meer. Und dann die Überraschung: Ist das dort am Horizont tatsächlich das libysche Festland? Wir sind uns nicht sicher – doch die Vorstellung eindrücklich. Wir sind so nah und doch so fern.

Zurzeit sind 6 und am 2. März 2025 sogar 7 Planeten gleichzeitig am Himmel, Uranus und Neptun können wir jedoch von blossem Auge nicht sehen. 

Zu guter Letzt in Akoumia

Die letzten zwei Wochen in Akoumia sind saukalt. Der Winter ist doch noch eingebrochen und hier in den Bergen gut spürbar. Wir nutzen jeden Sonnenstrahl.

Nun müssen wir uns doch von unseren Büsis verabschieden – schweren Herzens. Doch so ist es eben: Das Leben zieht weiter, und wir mit ihm.

Für etwas kretische traditionelle Musik: www.lyrafm.gr  (Playbutton unten) 🙂

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de_DEDeutsch