USA-Roadtrip Kalifornien bis Washington
Juli 14, 2017
/
USA-Roadtrip – Epische Reise 2016-2018 Teil VI
Es ist nun einen Monat her, seit wir unser Haus an der kolumbianischen Karibik zwischen den Bananen- und Mangobäumen verlassen haben. Auf Airbnb ist es nun buchbar und heisst, wie könnte es auch anders sein: Bananatree in the Mangovillage.
Einen Monat erst ist es her? Es fühlt sich an, als wäre es mindestens eine Ewigkeit länger. Wie war das nochmals, jeden Tag zu bauen und bilden? So lange die Sonne am Himmel stand? Jeden Tag voller Pläne und Ziele zu sein?
Einen Monat später und genau heute sind wir ohne Ziel. Halt, das stimmt nicht ganz. Unser Ziel ist es, in zwei Monaten die Staaten und Kanada durchquert zu haben, um im September meine Eltern in Montreal zu treffen. Ein weit entferntes Ziel. Die Zeit fühlt sich planlos an. Und weil wir (fast) ohne Ziel und Plan sind, habe ich mich entschieden, die Tage zu geniessen.
Unser Alltag sieht etwa so aus: Morgens bis abends mit unserem Ford Van rumfahren, am Abend in einem Stück Wald, hoffentlich mit einer Feuerstelle, halt machen (es ist super, dass man im National Forest gratis zelten darf), mit dem Gaskocher etwas kochen oder bräteln, eine Flasche Wein oder ein India Pale Ale trinken, dem Feuer zuschauen oder eine Folge ‚Twin Peaks‘ gucken und anschliessend im eingebauten Queenbed durch wilde Träume fliegen und ab und zu von einer ins Auto geschlüpften (wie auch immer die das schaffen) Karton-und-Plastik-fressenden Maus aufgeweckt zu werden.
Am Morgen Kaffee trinken, entweder mit Quesadilla-Bohnen-Eier begleitet oder wenn es schneller gehen soll mit Brot, getoastet, und Konfi, Honig und Ernussbutter (letzteres natürlich nur für mich). Und ab geht es weiter, Schiff starten, mit Schiff die Welt und Wälder erkunden.
Das ist definitiv schön! Doch heute habe ich Lust, mal wieder einen Nachmittag nicht zu fahren, sondern an einem Bergsee halt zu machen, schwimmen zu gehen, in der Sonne zu sitzen und mal wieder etwas zu schreiben.
Heute Morgen waren wir in dem Ort, wo Twin Peaks gedreht wurde. Das ist natürlich auch der Grund wieso wir uns die kuriose Serie schon wieder anschauen.
Dale Cooper haben wir nicht getroffen und trotz Ortskarte haben wir auch die Sheriff-Station und das berühmte Ortsschild nicht gefunden. Halb so schlimm, es ist ja sowieso nur Fantasie und dazu schon eine 25 Jahre alte.
Die Orte Snoqualmie und North Bend sind sehr schön. Sie erinnern an Schweizer Alpen: Jetzt im Sommer warm, mit Seen, endlosen Tannenwäldern, Bergspitzen und Blumenwiesen, wo etliche Sessellifte von einem überfüllten Winter zeugen, von Kindern mit ihren Skilehrern den Stemmbogen versuchend und Eltern mal schwungvoll Ski fahrend und danach sich einen Drink im Sonnenbad gönnend.
Doch jetzt ist es still. Das Dorf ist im ‚Sommerschlaf‘. Ganz anders jedoch sieht es auf den Campingplätzen aus.
Vor einem Monat verbrachten wir die ersten Nächte der nicht-nur-latino-Welt in Las Vegas. Ganz anders als in Kolumbien sind hier viel mehr Menschen übergewichtig und speziell in Las Vegas sehr viele im Rollstuhl, sogar solche in meinem Alter. Las Vegas zieht Leute aus der ganzen Welt an. An Essensangebot mangelt es nicht. Die Kasinos jedoch zerstören so etliche Seelen, was auf der Strasse gut spürbar ist. Verzweiflung und Obdachlosigkeit überall.
Ich bin schockiert, versuche zu verstehen und bin noch schockierter. Zu guter Letzt sitze ich mit einem Spitalflüchtigen im Bus. Er ist eingewickelt in weissem Leinen und mit ‚Spital-Patches‘ auf Brust und Kopf verteilt. Ich fühle mich wie im Film. Wenn wir erzählen, dass wir in Las Vegas waren, schütteln die einen Einheimischen den Kopf, die Augen der anderen beginnen zu glänzen und sie erzählen von dem Spass, den man dort haben kann. So ist wohl Las Vegas.
Wir fliegen weiter nach San Francisco und geraten in Oakland in mitten einer Riesenparade, einem Jubelfest abertausender Fans der Warriors. Das einheimische Basketballteam ist Jahres-Champion. Wir geniessen die Szene, trotz 20-kilo-Gepäck auf dem Rücken, die überglücklichen Menschen, alle in Blau-Gold, die strahlenden, auf den Wagen vorbeiziehenden Superstars, den Fans cool zuwinkend. Von unserem Freund Ben, auch ein Warriors-Fan, werden wir herzlichst empfangen. Wir gehen äthiopisch essen und verbringen eine tolle Nacht mit ihm und seinen Freunden.
Mit dem Greyhound Bus fahren wir nach Ukiah, etwa 3 Stunden nördlich von San Francisco, wo uns Geoff abholt. Auch ihn besuchen wir bereits das fünfte oder sechste Mal. Da er selbst in zwei Wochen wegzieht und es Sommer ist, verbringen wir eine gute Party-Zeit in Boonville, wo jedermann und -frau sich grüsst und wir uns nach ein paar Tagen bereits wie Einheimische fühlen.
Simons Tagebuch
6. Juli – Olympic Peninsula
Nach zwei Wochen im Anderson Valley (wo wir Freunde besuchten, unseren Van einlösten und den Roadtrip vorbereiteten) sind wir vorgestern aufgebrochen. Über Ukiah hoch ins vernebelte Crescent City. Mitten in der Stadt wurde für den 4. Juli, den Nationalfeiertag, ein kleines Musikfestival veranstaltet.
Wieder auffällig: Viele arme Leute. Viele dicke Menschen, von jung bis alt. Draussen am St. Georges Point direkt am Meer fanden wir einen gratis Campingplatz. Hier war das Feuerwerk nur leise hörbar.
Am nächsten Tag brachen wir früh auf. Durch den kühlen Nebel fuhren wir die Pazifikküste Oregons hoch und besuchten einen alten Leuchtturm am westlichsten Punkt Oregons (der USA?).
Erst am Nachmittag, als wir Richtung Inland abbogen, klarte es auf. Nach dem kleinen Nest „Swisshome“ strahlte die Sonne über einem schönen, offenen Tal. Diesmal übernachteten wir auf einer Raststätte auf dem Highway nach Portland.
Am nächsten Tag, heute morgen, fuhren wir kurz durch Portland, von dem uns Geoff schon viel gutes berichtete. Erster Eindruck: Kleine Stadt am Fluss mit vielen Brücken – und kaputten Obdachlosen.
Wir fuhren weiter in den Olympic National Forest, eine Stunde quer durch den Wald, bis wir endlich den anvisierten Free-Campground mitten im Nirgendwo erreichten.
Hier sind wir jetzt. Endlich Pause machen und durchatmen, bevor es morgen oder übermorgen weitergeht.
Voller Freude und mit dem Herzen grüsse ich alle Fremden, die mir über den Weg kommen, als wir weiter Richtung Norden fahren. Doch die Welt ändert sich, viele grüssen nicht oder kaum, man weicht dem Blick eher aus. Da ich dies nach Kolumbien und Kalifornien sowieso nicht mehr verstehe, weil wir doch alle Zeitgenossen sind, grüsse ich dennoch weiter, absichtlich. 🙂
Doch es gibt auch Ausnahmen: Ein Herr, der im Supermarkt mit uns zu plaudern beginnt; ein Familienvater, den wir am See treffen, interessiert sich sehr für die Schweiz, schenkt uns Donuts und Bier; ein Einheimischer, den wir nach der nächsten Wasser-Auffüll-Möglichkeit fragen, schenkt uns seinen 10-Liter Wasserkanister und zwei Bier und gibt uns zusätzlich etliche Schöne-Orte-Tipps.
Alaska ist gestrichen. Kalt ist gestrichen und zu viel Autofahren ist gestrichen. Da wir auf unseren Fahrzeugausweis warten müssen, um nach Kanada fahren zu können, geniessen wir den Staat Washington, welcher sich als überraschend schön entpuppt mit vielen Wäldern und Seen.
Ideal, wenn es Sommer ist und der Himmel so blau wie ein Türkis. Wir sehen nun zu, dass wir nicht gleich wieder alle unsere kolumbianische Farbe verlieren und stellen fest, dass es sehr einfach ist, hier dick zu werden.
Pläne ändern sich. Jeden Tag. Mit jedem Blick ins Buch oder auf eine Karte. Wir wollen uns mehr Zeit nehmen für all die unterschiedlichen Landschaften und Regionen und sie nicht nur aus dem Auto besichtigen. Auch Kanada ist unterdessen gestrichen und wir machen Pläne für Idaho und die Rockies.
Simons Tagebuch
18 .Juli – Irgendwo in Washington
Gestern haben wir in Rockport, einem kleinen Kaff, Richard kennengelernt. Er reist seit 22 Jahren durch Nordamerika und konnte uns viele gute Tipps geben. Mal sehen, woran ich mich erinnere.
- West Yellowstone Village: Am Ende des Dorfs weiter in den Wald fahren, vorbei am „No Camping“-Signal. Guter Camping-Spot im Wald nahe am Nationalpark.
- Irgendwas mit Garber oder so ähnlich. Muss auf der anderen Seite des Parks liegen.
- In der Nähe von Jackson im National Forest gute Camp-Möglichkeit unweit des Grand Teton Nationalparks.
- New York: In Brooklyn kann man auf der Strasse campen. Für ein paar Tage wenigstens. Entlang eines Sees?
- Washington DC: Im Norden und Süder der Stadt campen möglich. Gratis Parking in der Stadt. Super Museen, wie das Aerospace und die Mineralsammlung des Smithsonian.
Richard ist ein interessanter Kerl. Er hat sich mit 42 zum letzten Mal pensionieren lassen und ist seither zwischen Ost- und Westküste, Alaska und Mexiko unterwegs.
Wir fahren heute Richtung Colville, dann weiter nach Idaho, Montana, Wyoming…
Epische Reise 2016-18
Zurück zu Teil V:
Epische Reise 2016-18
Weiter zu Teil VII:
Hat dir der Beitrag gefallen? Schreib dich unten für den Newsletter ein, um nichts aus dem Nimmerwoland zu verpassen. Wir freuen uns über deinen Kommentar!